OLG Bremen: Kein Nachprüfungsrecht bei fehlender Erforderlichkeit
OLG Bremen Urteil v. 22.08.2011 – 3 U 12/11 Berufsunfähigkeitsversicherung: Nachprüfungsrecht des Versicherers beeinflusst durch Erforderlichkeit im konkreten Einzelfall Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Bremen vom 10.03.2011, Geschäfts-Nr.: 6 O 1802/10, wird zurückgewiesen. Die Kosten der Berufung trägt der Kläger. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Gründe I. Die Parteien streiten über das Bestehen eines Nachprüfungsrechts der Beklagten hinsichtlich medizinischer Einschränkungen des Klägers im Rahmen einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung. Der im Jahre 1974 geborene Kläger unterhält bei der Beklagten eine Berufsunfähigkeitsversicherung. Er schloss den zu Grunde liegenden Versicherungsvertrag im Mai 2001 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten ab. Danach ist im Falle der Berufsunfähigkeit eine monatliche Rente von € 1.575,08 zu zahlen. Die Zahlungspflicht endet spätestens am 30.04.2034. Bestandteil des Versicherungsvertrages sind u.a. die Besonderen Bedingungen der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung der Beklagten (BB-BUZ, Anl. K1, Bl. 34 ff d.A.). Dort heißt es in § 6 u.a.: “(1) Nach Anerkennung oder Feststellung unserer Leistungspflicht sind wir berechtigt, das Fortbestehen der Berufsunfähigkeit, ihren Grad bzw. den Umfang der Pflegebedürftigkeit nachzuprüfen… Dabei können wir erneut prüfen, ob die versicherte Person eine andere Tätigkeit im Sinne von § 2 ausübt, wobei neu erworbene berufliche Fähigkeiten zu berücksichtigen sind… (2) Zur Nachprüfung können wir auf unsere Kosten jederzeit sachdienliche Auskünfte und einmal jährlich umfassende Untersuchungen der versicherten Person durch von uns zu beauftragende Ärzte verlangen…” Der Kläger übte zuletzt eine körperlich anstrengende Tätigkeit als Konstruktionsschlosser in einem Unternehmen aus, in dem Fahrzeuge mit Panzerungen versehen werden. Im Jahre 2002 gab er seinen Beruf wegen gravierender Rückenprobleme auf und machte Ansprüche gegen die Beklagte aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung in einem Rechtsstreit geltend. Durch rechtskräftiges Urteil vom 20.12.2005 (Gesch.-Nr. 3 U 23/04) verurteilte das Hanseatische Oberlandesgericht in Bremen die Beklagte zur Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente an den Kläger bis längstens zum 30.04.2034. Aus dem in jenem Rechtsstreit eingeholten fachorthopädischen Gutachten ergibt sich, dass beim Kläger eine Berufsunfähigkeit von 60% vorliegt. Mit Schreiben vom 22.07.2010 forderte der Kläger die Beklagte auf zu erklären, dass ihr kein Nachprüfungsrecht bezüglich seines Gesundheitszustandes zustehe, weil mit einer Besserung seiner Beschwerden nicht zu rechnen sei. Die Beklagte lehnte die Abgabe einer solchen Erklärung ab. Der Kläger hat behauptet, sein Rückenleiden sei so gravierend, dass es in seinem gesamten Leben nicht mehr zu einer Verbesserung oder gar einer Heilung kommen könne. Er hat die Ansicht vertreten, dass ein Nachprüfungsrecht der Beklagten nur bestehen könne, solange die Erkrankung noch keinen endgültigen Zustand erreicht habe. Da sein Krankheitszustand aber unumkehrbar sei, sei das Nachprüfungsrecht der Beklagten erloschen. Ein Beharren der Beklagten auf regelmäßigen Nachprüfungen führe zumindest zu einer unangemessenen Benachteiligung des Klägers im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB und damit zur Unwirksamkeit von § 6 BB-BUZ. Der Kläger hat beantragt, festzustellen, dass die Beklagte im Rahmen des Berufsunfähigkeitsvertrages 95 022 823 kein Nachprüfungsrecht wegen medizinischer Einschränkungen des Klägers hat. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, dass ihr Nachprüfungsrecht auch im vorliegenden Fall bestehe, denn bei der Erkrankung des Klägers könne heute niemand beurteilen, was man in medizinischer und therapeutischer Sicht bis zum Jahre 2034 zu leisten im Stande sei. Dies gelte umso mehr, als sich aus dem im Vorprozess eingeholten gerichtlichen Sachverständigengutachten nicht ergebe, dass der Zustand des Klägers unumkehrbar sei. Zudem sei zu beachten, dass schon eine geringe Verbesserung des Gesundheitszustandes um 11% zum Wegfall der Leistungspflicht führen würde. Dass eine solche Verbesserung eintritt, könne hier nicht ausgeschlossen werden. Durch Urteil vom 10.03.2011 hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, dass § 6 Abs. 1 und 2 BB-BUZ nicht gegen § 307 Abs. 1 S. 1 BGB verstoße, weil eine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers nicht vorliege. Der Versicherungsnehmer sei gegenüber dem Nachprüfungsrecht des Versicherers auch nicht schutzlos gestellt, weil der Versicherer nach § 31 Abs. 1 Satz 1 VVG Auskünfte vom Versicherungsnehmer nur verlangen könne, soweit diese zur Feststellung der Leistungspflicht im konkreten Einzelfall erforderlich seien. Ein vollständiger Ausschluss des Nachprüfungsrechts der Beklagten komme deshalb, auch angesichts der langen Dauer der bestehenden Leistungspflicht, nicht in Betracht. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 ZPO). Mit der Berufung verfolgt der Kläger seinen erstinstanzlichen Antrag weiter. Nach ihren Versicherungsbedingungen sei die Beklagte berechtigt, bei ihm, dem Kläger, jährlich intensive Untersuchungen vorzunehmen. Das könne bei ihm wegen gegebenenfalls erforderlicher Röntgen- und MRT-Aufnahmen zu erheblichen gesundheitlichen Belastungen führen. Dies benachteilige ihn unangemessen, weil eine Verbesserung seines Gesundheitszustandes im Hinblick auf den Rücken aus medizinischer Sicht ausscheide. Der Kläger ist zudem der Auffassung, dass ihm nicht hinreichend rechtliches Gehör gewährt worden sei, denn es habe der von ihm angebotenen Beweiserhebung in Form eines medizinischen Sachverständigengutachtens bedurft. Ein solches Gutachten wäre nach seiner Ansicht zu dem Ergebnis gekommen, dass ein negativer Endzustand vorliege und keine Verbesserungsaussichten für seinen Gesundheitszustand bestünden. Der Kläger hält darüber hinaus an seiner Rechtsansicht fest, dass die Regelung des § 6 BB-BUZ ihn unangemessen benachteilige und im vorliegenden Fall lediglich einem Selbstzweck diene, was, auch unter Berücksichtigung von § 31 Abs. 1 Satz 1 VVG, einen Verstoß gegen Treu und Glauben im Sinne des § 242 BGB darstelle. Der Kläger beantragt, unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils, festzustellen, dass die Beklagte im Rahmen des Berufsunfähigkeitsvertrages 95 022 823 kein Nachprüfungsrecht wegen medizinischer Einschränkungen des Klägers hat. Die Beklagte beantragt unter Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Vortrag und unter Verteidigung des erstinstanzlichen Urteils, die Berufung zurückzuweisen. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsrechtszug wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 08.04.2011 sowie den Schriftsatz der Beklagten vom 30.06.2011 verwiesen (§ 540 Abs. 1 ZPO). II. Die statthafte (§ 511 Abs. 1 ZPO) und auch im Übrigen zulässige (§§ 511 Abs. 2, 517, 519, 520 ZPO) Berufung des Klägers ist unbegründet. Der von ihm geltend gemachte Feststellungsanspruch ergibt sich unter
KG Berlin: Ausschluss von Rentenansprüchen aus der BU-Versicherung bei verweigerter Mitwirkung
KG Berlin Urteil v. 8.7.2014 – 6 U 134/13 Berufsunfähigkeitsversicherung: Ausschluss der Fälligkeit von Versicherungsansprüchen bei verweigerter Mitwirkung des Versicherungsnehmers bei der Erhebung personenbezogener Gesundheitsdaten Leitsätze 1. Die notwendigen Erhebungen des Versicherers zur Feststellung des Versicherungsfalls und des Umfangs der Leistung gemäß § 14 Abs. 1 VVG umfassen auch die Prüfung der Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht; ist dem Versicherer die Einholung von Informationen über Gesundheitsdaten des Versicherungsnehmers aus vorvertraglicher Zeit mangels Erteilung einer Schweigepflichtentbindungserklärung des Versicherungsnehmers nicht möglich, ist dessen Anspruch auf die Versicherungsleistung nicht fällig. 2. Aus § 213 VVG . F. und der zugrunde liegenden Rechtsprechung des BVerfG ergibt sich nicht, dass der Versicherer diese Informationen seit Inkrafttreten des neuen VVG nicht mehr, jedenfalls nur bei einem konkreten Verdacht einer Anzeigepflichtverletzung und/oder nur beschränkt auf solche Gesundheitsdaten einholen darf, die einen Einfluss auf den Eintritt des Versicherungsfalls gehabt haben können. Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 12. Juni 2013 – 23 O 341/12 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen. Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Revision zum Bundesgerichtshof wird zugelassen. Gründe I. Der Kläger begehrt Versicherungsleistungen aus einer mit der Beklagten zum 1. April 2009 zustande gekommenen Berufsunfähigkeitsversicherung mit der Behauptung, er sei seit dem 6. Mai 2010 wegen einer depressiven Erkrankung und eines “Burn-Out Syndroms” bedingungsgemäß berufsunfähig in seiner zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Bezirksleiter der Landesbausparkasse Hessen-Thüringen. Das Landgericht hat die Klage mit am 26. Juni 2013 zugestelltem Urteil, auf das wegen seiner tatsächlichen Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, als derzeit unbegründet abgewiesen und dies damit begründet, dass die Beklagte ihre Leistungsprüfung nicht abschließen könne, nachdem der Beklagte mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 27. Juli 2012 (Anlage K 22) ausdrücklich der Erhebung personenbezogener Gesundheitsdaten durch die Beklagte widersprochen hatte, “soweit das die Überprüfung vorvertraglicher Anzeigepflichtverletzungen betrifft”. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Begründung der angefochtenen Entscheidung verwiesen. Mit Schriftsatz vom 22. Juli 2013, eingegangen am 23. Juli 2013, hat der Kläger gegen das Urteil Berufung eingelegt und diese – nachdem auf seinen am 23 August 2013 eingegangenen Antrag die Frist bis zum 26. September 2013 verlängert worden war – mit am 20. September 2013 eingegangenem Schriftsatz begründet. Der Kläger rügt eine unzutreffende Rechtsanwendung durch das Ausgangsgericht. Er ist der Ansicht, auch nach den in den Versicherungsvertrag einbezogenen Versicherungsbedingungen nicht verpflichtet zu sein, der Beklagten die Prüfung einer vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung zu ermöglichen, zumal die Beklagte trotz Nachfrage weder einen konkreten Verdacht noch einen hinreichend konkreten Anhaltspunkt für eine vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung aufzeigen könne. Der Kläger bestreitet eine solche und behauptet, erstmals im Frühjahr 2010 Anzeichen für eine psychische Erkrankung verspürt zu haben. Der Kläger ist weiter der Ansicht, die angegriffene Entscheidung stehe im Widerspruch zu der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur informationellen Selbstbestimmung und zur Regelung des § 213 VVG, wonach insbesondere persönliche Gesundheitsdaten besonderen Schutz genießen. Der Kläger beantragt, I. das Urteil des Landgerichts Berlin – 23 O 341/12 – vom 12. Juni 2013 wie folgt abzuändern: 1. die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 32.112,48 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einem Teilbetrag von 27.548 € seit dem 1.6.2012, aus einem Teilbetrag von jeweils weiteren 1141,12 € seit dem 1. eines jeden Monats ab dem 01.07.2012 bis einschließlich 01.10.2012 zu zahlen; 2. die Beklagte wird verurteilt an den Kläger aus der Berufsunfähigkeitsversicherung zur Vers.-Nr. 3… beginnend ab 01.11.2012 bis längstens 31.03.2024 bis zum 1. eines jeden Monats jeweils eine Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von 1060,90 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz und zwar ab dem 2. des jeweiligen Monats zu zahlen; 3. es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, über das Jahr 2012 hinaus die monatliche Berufsunfähigkeitsrente jährlich zu erhöhen, jeweils zum 01. 04. eines jeden Jahres, längstens bis zum 31.03.2024, jeweils um 3 % der Rente des Vorjahres; die die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von der Prämienzahlungspflicht für die Berufsunfähigkeitsversicherung zur Vers.-Nr. 3… ab dem 1.11.2012 bis längstens zum 31.03.2024 freizustellen. II. Hilfsweise, das Urteil des Landgerichts Berlin – 23 O 341/12 – vom 12. Juni 2013 aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen. III. Hilfsweise wird angeregt, die Revision zuzulassen. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie ist der Ansicht, im Rahmen der Feststellung des Versicherungsfalls auch berechtigt zu sein, Gesundheitsdaten des Versicherungsnehmers aus der Zeit vor Abschluss des Versicherungsvertrages zu erheben, um zum einen klären zu können, ob sich das versicherte Risiko schon vorvertraglich verwirklicht hatte und zum anderen um zu prüfen, ob ihr wegen einer Anzeigepflichtverletzung ein Recht zur Anfechtung des Versicherungsvertrages oder zum Rücktritt vom Versicherungsvertrag zustehe, weil auch diese Fragen ihre Leistungspflicht beträfen. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts stehe dem – schon wegen der vorzunehmenden Interessenabwägung – nicht grundsätzlich entgegen. Das Widerspruchsrecht des Ver-sicherungsnehmers gemäß § 213 Abs. 2, 2. Hs. VVG sichere lediglich den verfassungs-rechtlich geschützten Anspruch des Versicherungsnehmers auf Schutz seiner persönlichen Daten, begründe aber keinen Anspruch auf die Versicherungsleistung unabhängig von einer Anspruchsprüfung durch den Versicherer. Ein konkreter Verdacht für eine vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung sei für die Datenerhebung aus vorvertraglicher Zeit nicht erforderlich, unabhängig davon ergebe sich dieser vorliegend bereits aus dem engen zeitlichen Zusammenhang zwischen der Antragstellung und dem behaupteten Eintritt der Berufsunfähigkeit, zumal die Erkrankung des Klägers an einer Depression in Form eines “Burnout-Syndroms” eine längere Krankheitsentwicklung belege. II. Die Berufung des Klägers vom 22. Juli 2013 ist zulässig, sie ist insbesondere form- und fristgemäß eingelegt (§§ 517, 519 ZPO) und – im Hinblick auf die Verlängerung der Frist bis zum 26. September 2013 – begründet (§ 520 ZPO) worden. In der Sache bleibt die Berufung des Klägers jedoch ohne Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht die Klage auf Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung als “derzeit unbegründet” abgewiesen. Die hiergegen
Auskunftspflicht des Versicherungsnehmers und Entbindung von ärztlicher Schweigepflicht
In der Regel überprüfen Versicherer im Leistungsfall, ob vorvertragliche Anzeigepflichten verletzt worden sind. Muss der Versicherungsnehmer solche Ermittlungen durch eine Schweigepflichtentbindungserklärung unterstützen? Ob eine Berufsunfähigkeitsversicherung die vertraglich vereinbarte Leistung im Versicherungsfall zahlen muss, hängt maßgeblich davon ab, ob der Versicherte bei Abschluss des Vertrages die Gesundheitsfragen wahrheitsgemäß und vollständig beantwortet hat. In der Regel überprüfen Versicherer, ob vorvertragliche Anzeigepflichten verletzt worden sind. Um gesundheitsbezogene Daten aus vorvertraglicher Zeit bei behandelnden Ärzten, Krankenhäusern, Krankenkassen oder anderen Einrichtungen einzuholen, benötigt der Versicherer eine sogenannte Schweigepflichtentbindungserklärung, das heißt, der Versicherungsnehmer muss die in Frage kommenden Personen und Einrichtungen von ihrer Schweigepflicht entbinden. Berufsunfähigkeitsversicherung Nach einem Urteil des Kammergerichts Berlin vom 8.7.2014 (6 U 134/13) umfassen die notwendigen Erhebungen des Versicherers zur Feststellung des Versicherungsfalls und des Umfangs der Leistung gemäß § 14 Abs. 1 VVG auch die Prüfung der Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht. Wenn der Versicherungsnehmer, wie im gerichtlich verhandelten Fall, eine Entbindung von der Schweigepflicht verweigert und der Versicherer deshalb keine Gesundheitsdaten aus vorvertraglicher Zeit einholen kann, besteht nach Ansicht des Gerichtes kein Anspruch auf die Versicherungsleistung. Das Kammergericht ist dem vorhergehenden Urteil des Landgerichts (LG Berlin, 12.6.2013 – 23 O 341/12) dahingehend gefolgt, dass der Anspruch auf die Versicherungsleistung im Sinne des § 14 VVG nicht fällig ist, da der Versicherer aufgrund des Widerspruchs des Versicherungsnehmers gegen die beabsichtigte Erhebung von Gesundheitsdaten aus vorvertraglicher Zeit seine Leistungsprüfung nicht abschließen kann. In der Vorentscheidung hatte das Landgericht Berlin es offen gelassen, ob die Erforderlichkeit der Datenerhebung eine hinreichend konkrete Verdachtslage erfordert. Das Kammergericht beschäftigte sich ausführlich mit der Frage, ob § 213 VVG bzw. die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der Erhebung von Gesundheitsdaten aus vorvertraglicher Zeit entgegensteht und verneinte dieses (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.10.2006 – 1 BvR 2027/02; BVerfG, Beschluss vom 17. Juli 2013 – 1 BvR 3167/08). Zudem distanzierte sich das Gericht von der von Egger (VersR 2014, 553; VersR 2012, 810) vertretenen Auffassung, dass dem Versicherer im Rahmen der Leistungsprüfung allein das Recht zustünde, Daten zu der Frage zu erheben, ob sich das versicherte Risiko verwirklicht habe. Zwar wird mit § 213 VVG der Schutz des Persönlichkeitsrechts des Versicherungsnehmers in Form eines Selbstbestimmungsrechts über die Gesundheitsdaten gewährleistet, aber im vorliegenden Fall nahm das Kammergericht Berlin eine Abwägung vor und räumte dem Ermittlungsinteresse des Versicherers Vorrang ein. Das Kammergericht hat die Revision zum Bundesgerichtshof wegen der grundsätzlichen Bedeutung der entscheidungsrelevanten Fragen zugelassen, insbesondere unter welchen Voraussetzungen und im welchem Umfang der Versicherer unter Berücksichtigung des § 213 VVG und der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Gesundheitsdaten aus vorvertraglicher Zeit erheben darf. Benötigen Sie Hilfe bei Ihrem BU-Antrag? Kontaktieren Sie uns! Kostenlose Ersteinschätzung Ihres Falles!
OLG Köln: Leistungsausschluss bei Mitwirkungspflichtverletzung des Versicherten
OLG Köln Urteil v. 19.07.2013 – 20 U 26/11 Berufsunfähigkeitsversicherung: Leistungsausschluss wegen grob fahrlässiger Mitwirkungspflichtverletzung des Versicherten bei Nachuntersuchungsaufforderung Leitsätze 1. Der Versicherungsnehmer muss der Aufforderung des Versicherers grundsätzlich nachkommen, sich einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen, wenn der Versicherer gemäß § 7 BB-BUZ den Grad der Berufsunfähigkeit nachprüfen will. 2. Der Versicherer ist bei grob fahrlässiger Verletzung der Nachuntersuchungsobliegenheit des Versicherungsnehmers berechtigt, die Zahlung der Rentenleistung einzustellen. Dabei beschränkt sich die Mitwirkungspflicht des Versicherungsnehmers nicht darauf, dem Versicherer mitzuteilen, dass er (der Versicherungsnehmer) die ihm vorgeschlagenen Untersuchungstermine nicht wahrnehmen kann. Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, dem Versicherer etwaige Hinderungsgründe zu benennen und einer Verhinderung des Untersuchungstermins – im Rahmen des Zumutbaren – entgegenzuwirken. Tenor Die Berufung des Klägers gegen das 29. Dezember 2010 verkündete Urteil der 26. Zivilkammer des Landgerichts Köln ‑ 26 O 132/09 – wird zurückgewiesen. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet. Die Revision wird nicht zugelassen. Gründe – Berufsunfähigkeitsversicherung I. Der Kläger unterhält bei der Beklagten eine Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung. Aus dieser Versicherung erbringt die Beklagte seit dem 1. Februar 1988 die bedingungsgemäßen Leistungen. Die Beklagte stellte ab April 1998 die Leistungen ein, weil der Kläger Nachuntersuchungstermine nicht wahrnahm. Dagegen wandte sich der Kläger mehrfach erfolgreich vor Gericht. Mit Schreiben vom 18. März 2005 forderte die Beklagte den Kläger erneut zu einer Nachuntersuchung in der Universitätsklinik Köln auf, wobei sie ihm drei Terminsvorschläge (1. April 2005, 2. Mai 2005 und 9. Juni 2005) unterbreitete. Auf dieses Schreiben, das dem Kläger zuging, das er aber nach seiner Darstellung wegen eines Urlaubs erst am 22. April 2005 zur Kenntnis genommen hat, antwortete der Kläger mit Schreiben vom 22. April 2005, dass er die angebotenen Termine nicht wahrnehmen könne, weil diese “anderweitig schon belegt” seien. Wegen aller weiteren Einzelheiten wird auf die tatbestandlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen. Der Kläger hat behauptet, an den von der Beklagten vorgeschlagenen Terminen sei er wegen Urlaubsabwesenheit vom 14. März 2005 bis 21. April 2005 und vom 24./25. April 2005 bis 8. Mai 2005 und wegen einer Vielzahl von geplanten Zahnbehandlungsterminen – der letzte Termin habe am 9. Juni 2005 stattgefunden – gehindert gewesen. Der Kläger verlangt, nachdem das Landgericht Köln die Beklagte in einem Vorprozess rechtskräftig zur Fortzahlung der Rentenleistungen bis 31. März 2005 verurteilt hat, Rentenzahlungen für die Zeit vom 1. April 2005 bis 31. Dezember 2008 und hat beantragt, 1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 59.734,50 € zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozent-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 15. Februar 2007; 2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.761,08 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozent-Punkten über dem Basiszinssatz ab dem 3. Dezember 2008 zu zahlen. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Leistungseinstellung auch über den 31. März 2005 hinaus sei berechtigt, weil der Kläger seine Obliegenheit zur ärztlichen Nachuntersuchung verletzt habe. Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 29. Dezember 2010 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Kläger habe für den streitgegenständlichen Zeitraum keine Ansprüche aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung, weil er seinen Mitwirkungsobliegenheiten nicht nachgekommen sei. Das Schreiben der Beklagten vom 18. März 2005 stelle eine wirksame Aufforderung zur Nachuntersuchung dar. Eine Nachuntersuchung habe nicht nur wegen der beim Kläger festgestellten Schwerhörigkeit, sondern auch wegen Tinnitus erfolgen dürfen. Eine formelle Leistungseinstellung sei nicht erforderlich gewesen. Soweit es die angebotenen Termine angehe, habe der Kläger nicht lediglich pauschal eine Verhinderung anführen dürfen; er hätte sich zumindest um eine Verlegung des Zahnarzttermins am 9. Juni 2005 bemühen müssen. Es habe dem Kläger zudem angesichts der konkreten Umstände oblegen, Ersatztermine vorzuschlagen. Dass der Kläger weder vorsätzlich noch grob fahrlässig gehandelt habe, habe er nicht substantiiert vorgetragen. Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seine erstinstanzlich gestellten Anträge in vollem Umfang weiterverfolgt. Er trägt vor, das Nachprüfungsverlangen der Beklagten vom 18. März 2005 sei unwirksam gewesen, weil der Untersuchungsumfang nicht mitgeteilt worden sei. Da die Beklagte seine Berufsunfähigkeit alleine in Bezug auf die bei ihm gegebene Innenohrschwerhörigkeit, nicht aber auch wegen Tinnitus, anerkannt habe, müsse auch eine Nachuntersuchung auf die Innenohrschwerhörigkeit beschränkt bleiben. Eine solche Einschränkung sei in dem Aufforderungsschreiben indes nicht enthalten. Auch eine Untersuchung auf psychosomatischem Gebiet habe die Beklagte nicht verlangen können. Jedenfalls sei er an den von der Beklagten genannten Terminen verhindert gewesen. Den Termin am 2. Mai 2005 habe er nicht wahrnehmen können, weil er vom 24./25. April 2005 bis 8. Mai 2005 einen Urlaub in Spanien geplant und dann auch durchgeführt habe. Am 9. Juni 2005 habe er einen Zahnarzttermin gehabt. Entgegen der Auffassung des Landgerichts habe er sich nicht um eine Verlegung des Termins bemühen müssen. Es dürfe “als unmöglich erscheinen”, den Termin angesichts der Terminslage der Zahnarztpraxis “zu modifizieren”, zumal an diesem Tag 2 Behandlungen (vormittags und nachmittags) vorgesehen gewesen seien. Deshalb könne es ihm nicht als grob fahrlässig angelastet werden, dass er es unterlassen habe, eine Terminsverlegung zu erreichen. Tatsächlich sei eine Terminsverlegung auch nicht möglich gewesen. Die Beklagte, die die Zurückweisung der Berufung beantragt, verteidigt das angefochtene Urteil. Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen. Der Senat hat gemäß dem Beschluss vom 27. Januar 2012 Beweis erhoben durch schriftliche Vernehmung der Zeugin Dr. M. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die schriftlichen Äußerungen der Zeugin Dr. M vom 8. März 2012 (Bl. 300 d.A.) und vom 14. Juni 2012 (Bl. 303 d.A.) verwiesen. II. Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, dem Kläger für die Zeit vom 1. April 2005 bis 31. Dezember 2008 Leistungen aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung zu erbringen. Die Beklagte ist für diesen Zeitraum gemäß § 8 der vereinbarten BB-BUZ (Bl. 72 f. d.A.) leistungsfrei, weil der Kläger grob
OLG Hamm: Zum Erfordernis der Belehrung gem. § 19 Abs. 5 VVG durch gesonderte Mitteilung in Textform
OLG Hamm, Beschluss v. 13.2.2015 – 20 U 169/14 Zum Erfordernis der Belehrung gem. § 19 Abs. 5 VVG durch gesonderte Mitteilung in Textform Hinweisbeschluss Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Es wird Gelegenheit gegeben, binnen zwei Wochen Stellung zu nehmen. Die Berufung ist aufgrund des Hinweisbeschlusses zurückgenommen worden. Gründe: Die Berufung der Beklagten hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung und es erfordert auch nicht die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung des Berufungsgerichts. I. Der Kläger wendet sich im Wege der Feststellungsklage gegen den von der Beklagten ausgesprochenen Rücktritt des mit Versicherungsschein vom 24.01.2012 policierten Krankenversicherungsvertrag bzw. gegen die in erster Instanz erklärte Anfechtung dieses Vertrages wegen arglistiger Täuschung. Der Kläger hat den Antrag vom 19.11.2011 über den als Versicherungsmakler tätigen Streitverkündeten eingereicht und dabei zu den Gesundheitsfragen lediglich die Frage „Untersuchungen und Behandlungen in den letzten drei Jahren“ bejaht und insoweit auf eine Mandelentzündung im Jahr 2009 verwiesen. Vorangestellt war den Gesundheitsfragen auf der letzten Seite des Antragsformulars folgender Hinweis: “Die Gesundheitsfragen sind nach bestem Wissen sorgfältig, vollständig und richtig zu beantworten. Eine Verletzung Ihrer vorvertraglichen Anzeigepflicht kann den Versicherer zum Rücktritt oder zur Kündigung berechtigen oder zu einer Vertragsanpassung führen. Bitte beachten Sie hierzu die Ausführungen zur Bedeutung der vorvertraglichen Anzeigepflicht gemäß § 19 Abs. 5 VVG unter Ziffer 12. der Erklärungen des Antragstellers und der zu versichernden Personen.” Außerdem fand sich unter der Rubrik “Schlusserklärungen und Unterschriften” folgender “Hinweis: Bevor Sie den Antrag unterschreiben, lesen Sie bitte auch die Erklärungen auf den letzten Seiten. Sie enthalten unter anderem Ihre Erklärung zur Entbindung von der Schweigepflicht (siehe Ziffer 8 a und c), Ihre Einwilligung nach dem Bundesdatenschutzgesetz (siehe Ziffer 9) und die Mitteilung nach § 19 Abs. 5 VVG über die Folgen einer Verletzung der gesetzlichen Anzeigepflicht (s. Ziffer 12). Mit Ihrer Unterschrift machen Sie die Erklärungen zum Inhalt des Antrags.” Diese dem Antragformular beigefügten Erklärungen enthielten unter Ziffer 12 eine “Mitteilung nach § 19 Abs. 5 VVG über die Folgen einer Verletzung der gesetzlichen Anzeigepflicht”. Außerdem ließ sich die Beklagte eine “Erklärung zum Antrag” unterzeichnen, in der sich u. a. folgender “Hinweis zur vorvertraglichen Anzeigepflicht” befand: “Die Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht kann den Versicherer zum Rücktritt oder zur Kündigung berechtigen oder zu einer Vertragsanpassung führen. Bitte beachten Sie hierzu die Erklärungen auf den letzten Seiten Ihres Antrages. Sie enthalten u.a. die Mitteilung nach § 19 Abs. 5 VVG über die Folgen einer Verletzung der gesetzlichen Anzeigepflicht.” Wegen der formalen Gestaltung und der weiteren inhaltlichen Einzelheiten der Antragsunterlagen und Erklärungen wird auf die Anlagen K 1 (Bl. 13 ff GA), sowie BLD 1 und BLD 2 (Bl. 55 – 57 GA) verwiesen. Unstreitig hatte sich der Kläger im relevanten Zeitraum auch wegen eines atopischen Ekzems bzw. Psoriasis vulgaris Salben verschreiben und wegen Blockierungen im BWS- und HWS-Bereich chiropraktisch behandeln lassen. Im Hinblick darauf erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 18.01.2013 den Rücktritt vom Krankenversicherungsvertrag (Bl. 25 GA). Der Kläger hat dazu behauptet, dass der Versicherungsmakler ihm bei Schilderung dieser Vorbehandlungen, die sich aus seiner Sicht als trockene Hautstellen hinter den Ohren und gelegentliche Rückenbeschwerden darstellten, erklärt habe, es handele sich insoweit nicht um anzeigepflichtige Umstände, weil nur tatsächliche Erkrankungen bzw. dauerhafte medizinische Beschwerden anzugeben seien. Dies habe ihm eingeleuchtet. Er sei über die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung zudem nicht hinreichend belehrt worden. Die in den “Erklärungen des Antragstellers und der zu versichernden Personen” enthaltene Belehrung entspreche weder formal noch inhaltlich den Anforderungen aus § 19 Abs. 5 VVG. Die Beklagte hat dies in Abrede gestellt und sich auf den Standpunkt gestellt, dass der Kläger auf die Gesundheitsfragen auch die Haut- und Wirbelsäulenbeschwerden hätte angeben müssen, welche die Beklagte zur Ablehnung des Versicherungsschutzes veranlasst hätten. Deshalb sei sie auch zur Anfechtung des Versicherungsvertrages wegen arglistiger Täuschung berechtigt. Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Das Landgericht hat der Klage nach zeugenschaftlicher Vernehmung des Streitverkündeten stattgegeben. Der Versicherungsvertrag habe ungeachtet der Rücktritts- und Anfechtungserklärungen Bestand. Zwar habe der Kläger die im Antragsformular gestellten Gesundheitsfragen nicht richtig beantwortet, indem er seine Haut- und Wirbelsäulenbeschwerden nicht angab, jedoch habe er bewiesen, dass dies nicht vorsätzlich erfolgt sei. Insoweit habe der Streitverkündete im Rahmen seiner Zeugenvernehmung glaubhaft bestätigt, dass er die vom Kläger berichteten Behandlungen wegen Haut- und Wirbelsäulenbeschwerden in dem von ihm ausgefüllten Antragsformular nicht eingetragen habe, weil er diese für unerheblich gehalten habe. Damit hätten sowohl der Kläger als auch der für ihn tätige Versicherungsmakler im Hinblick auf die Falschangaben unvorsätzlich gehandelt. Soweit der Streitverkündete wegen seines unzutreffenden Verständnisses vom Umfang der Gesundheitsfragen grob fahrlässig gehandelt habe, berechtige dies die Beklagte nicht zum Rücktritt, weil sie den Vertrag bei richtiger Information über den Gesundheitszustand des Klägers trotzdem, wenn auch zu anderen Bedingungen, abgeschlossen hätte. Wegen der Argumentation im einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils verwiesen. Mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung zieht die Beklagte zunächst das Feststellungsinteresse des Klägers in Frage, weil dieser mittlerweile unstreitig anderweitig krankenversichert ist. In der Sache sei das Landgericht zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Vertrag auch bei zutreffender Beantwortung der Gesundheitsfragen abgeschlossen worden wäre. Insoweit sei allein auf die Risikoprüfungsgrundsätze des Versicherers und nicht auf die laienhafte Wertung des Gerichts abzustellen. Dazu trägt die Beklagte im einzelnen näher vor. Im Übrigen habe das Landgericht den Täuschungsvorsatz des Klägers zu Unrecht verneint. Diesem hätte sich die Gefahrerheblichkeit seiner Vorerkrankungen aufdrängen müssen. II. Das Landgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Der streitgegenständliche Krankenversicherungsvertrag hat ungeachtet der Rücktritts- und Anfechtungserklärungen der Beklagten Bestand. 1. Dabei kann dahinstehen, ob der Kläger vorsätzlich oder grob fahrlässig seine Anzeigepflichten bei Antragstellung verletzt hat. Der Beklagten stand schon deshalb kein Rücktrittsrecht zu, weil sie den Kläger nicht ordnungsgemäß durch „gesonderte Mitteilung in Textform“ iSd § 19 Abs. 5 S. 1 VVG auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung hingewiesen hat. Dies ergibt sich aus formalen Mängeln der erteilten Hinweise. Bereits in der zum alten Versicherungsvertragsrecht
LG München I: Berufsunfähigkeit bei schwerer Persönlichkeitsstörung
LG München I Urteil v. 22.03.2006 – 25 O 19798/03 Berufsunfähigkeitszusatzversicherung: Versicherter berufsunfähig, wenn Beruf aufgrund schwerer Persönlichkeitsstörung zu 50 % nicht mehr ausgeübt werden kann Tenor I. Es wird festgestellt, dass hinsichtlich des Klägers die Voraussetzungen für den Erhalt eine Berufsunfähigkeitsrente nach den Bedingungen der Berufsunfähigkeitsversicherung der Beklagten ab 1.11.2003 bis längstens 1.9.2013 erfüllt sind. Im Übrigen wird die Feststellungsklage abgewiesen. II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 147.827,75 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6.11.2003 zu bezahlen. Im Übrigen wird die Klage auf Zahlung von Renten abgewiesen. III. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger weitere EUR 65.368,57 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6.11.2003 zu bezahlen. IV. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 1/5 und die Beklagte 4/5. V. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar. Tatbestand Der Kläger verlangt von der Beklagten Leistung aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung, die zwischen der Beklagten und der … GmbH (nachfolgend …) abgeschlossen wurde. Der Kläger ist Geschäftsführer und Alleingesellschafter dieser GmbH. Der Kläger hatte eine Ausbildung zum Bankkaufmann gemacht. Nach einem zweijährigen Aufenthalt in Südafrika, arbeitete der Kläger zunächst bei einem Finanzmakler in München. Seit 1988 ist der Kläger im Bereich der Geld- und Kapitalvermittlung tätig. Die … GmbH schloss 1989 eine Lebensversicherung mit dynamischer Erhöhung des Versicherungsschutz für den Kläger bei der Beklagten ab. Vereinbart wurde eine Versicherungssumme von 612.896,00, eine jährliche Berufsunfähigkeitsrente von 104.389,00 und ein monatlicher Beitrag von 3.510,67, sowie die Geltung der Besonderen Bedingungen für die Berufsunfähigkeits- Zusatzversicherung (K2). § 1 lautet: “Wird der Versicherte während der Dauer der Berufsunfähigkeits- Zusatzversicherung vollständig oder teilweise berufsunfähig, so entfällt bei Versicherungen mit laufender Beitragszahlung die Verpflichtung zur Beitragszahlung für die Hauptversicherung … und für die in sie eingeschlossenen Zusatzversicherungen bei einer Berufsunfähigkeit von mindestens 50 % ganz.” In § 2 Nr. 3 ist geregelt: “Ist der Versicherte mindestens sechs Monate ununterbrochen infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich dauernd außerstande, seinen Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und seiner bisherigen Lebensstellung entspricht, so gilt die Fortdauer dieses Zustands als vollständige oder teilweise Berufsunfähigkeit.” Am 13.12.2001 wurde beim Kläger ein Akustikusneurinom mittels Gamma-Knife-Bestrahlung entfernt. Im April bzw. Mai 2002 beantragte der Kläger Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung. Am 6.5.2002 (K5) attestierte Dr. … dem Kläger zum damaligen Zeitpunkt Berufsunfähigkeit. Die abgebuchte Prämie für die Lebens- und Berufsunfähigkeitsversicherung betrug bis zum 31.7.2002 monatlich 3.510,67, vom 1.9.2002 bis 31.7.2003 monatlich 3.861,73 und ab 1.9.2003 4.247,90. Ein Mitarbeiter der Fa. … suchte den Kläger im Auftrag der Beklagten auf und erstellte einen Zwischenbericht vom 26.6.2002 (B2), auf den Bezug genommen wird. Die Beklagte beauftragte Prof. … damit, den Kläger zu untersuchen. Prof. … kam in seinem Gutachten vom November 2002 (K7) zum Ergebnis, dass beim Kläger ein Zustand nach Operation eines Akustikusneurinoms mit persistierendem Tinnitus, einer leichten Hörstörung, sowie gelegentlichen Schwindelzuständen vorliege; ferner bestehe eine Neurasthenie und der Verdacht auf eine generalisierte Angststörung. Die bestehenden Funktionsdefizite auf psychiatrisch – psychologischem Gebiet führten zu einer quantitativen Einschränkung der berufsrelevanten Teiltätigkeiten von ca. 25 %. Bei intensiver Psychotherapie unterstützt durch Psychopharmaka sei mit einer Besserung des Zustands zu rechnen. Die Leistungseinschränkungen auf körperlichem Gebiet seien zu beachten. Es bestehe keine mindestens 50 % Einschränkung der Berufsfähigkeit. Mit Schreiben vom 20.2.2003 (K8) lehnte die Beklagte Leistungen wegen Berufsunfähigkeit unter Bezugnahme auf das erholte Gutachten zur Berufsunfähigkeit ab. Mit Datum vom 5.5.2003 (K3) erstellte die …, im Auftrag des Klägers eine Arbeitsplatzbeurteilung (K3), auf die Bezug genommen wird. Mit Datum vom 7.5.2003 (K9) erstattete der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, Dr. … im Auftrag des Klägers ein Gutachten. Dieser kam zum Ergebnis, dass beim Kläger wegen einer Konversionssymptomatik bei anhaltender Anpassungsstörung und deutlicher depressiver Symptomatik und langjährigem Alkoholmissbrauch Berufsunfähigkeit bestehe. Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, Dr. …, erstattete ebenfalls im Auftrag des Klägers ein Gutachten. Dieser kam in seinem Gutachten vom 18.7.2003 (K10) zum Ergebnis, dass dem Kläger bestenfalls noch eine berufliche Tätigkeit von 3 bis unter 4 Stunden pro Arbeitstag zuzumuten sei, wegen eines chronifizierten ängstlich – depressiven Verstimmungs- und Erschöpfungs- Syndroms mit Antriebs-, Motivations- und intermittierendem amnestischen und kognitiven Störungen, situativen Umstellungs- und Anstrengungserschwernissen und einer allgemeinen arbeitssituativen Minderfähigkeit im Rahmen einer bislang therapieresistenten psychophysischen Beeinträchtigungen einer asthenischen – sensitiven, zu diffusen Ängsten tendieren den Persönlichkeit, sowie Tinnitus und Kopfschmerzsyndrom. Mit Bescheid des Amts für Versorgung und Familienförderung vom 30.7.2003 (K4) wurde beim Kläger der Grad der Behinderung wegen des operierten Akustikusneurinom mit sekundärer Funktionsbeeinträchtigung und Depression mit 50 % festgestellt. Nach Klageerhebung trat die … GmbH mit Vereinbarung vom 11.12.2003 (K11) sämtliche Ansprüche aus der zwischen ihr und der Beklagten vereinbarten Berufsunfähigkeitszusatzversicherung an den Kläger ab. Mit der Klage verlangt der Kläger Leistung aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung seit 1.6.2002. Der Kläger behauptet: Er leide seit Anfang der 90ziger Jahre an Kopfschmerzen, vegetativen Störungen und Müdigkeit und schon länger an Schlafstörungen. In der … GmbH hätten außer dem Kläger drei gelernte Bankangestellte im Telefonvertrieb sowie drei Vertriebsassistentinnen gearbeitet. Er habe durchschnittlich 10 Stunden von Montag bis Freitag gearbeitet, ergänzt durch regelmäßige Wochenendarbeit zur Vorbereitung des Tagesgeschäfts. Ergänzend wird auf die Ausführungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 25.6.2004 (Bl. 67 ff) Bezug genommen. Seit der Entfernung des Akustikusneurinoms leide er auch unter einem Tinnitus und einer leichten Mittelohrschwerhörigkeit. Er sei aufgrund seiner Leistungseinschränkungen zu mindestens 50 % berufsunfähig. Soweit der Kläger versuche im Betrieb mitzuhalten, beruhe dies auf einem überobligationsmäßigen Einsatz. Eine Betriebsumorganisation, die dem Kläger ein ausreichendes Tätigkeitsfeld eröffne, das bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit ausschließe, sei nicht möglich. Eine Ausweitung der Arbeitsorganisation und -vorbereitung, bzw. Ideenentwicklung sei nicht möglich. Er sei auch nicht in der Lage, eine alternative Tätigkeit im Sinne der Versicherungsbedingungen auf Dauer auszuüben. Wegen des weitgehenden Ausfalls des Klägers sei ab 1.4.2004 ein neuer Mitarbeiter eingestellt worden. Mit Änderungsbescheid vom 9.9.2005 habe das Versorgungsamt die Behinderung des Klägers auf 70 % festgesetzt. Der Kläger stellt daher folgenden Antrag: 1. Es wird festgestellt, dass beim
Nachprüfungsverfahren in der BU-Versicherung – Pflichten des Versicherungsnehmers
Nach Anerkenntnis der bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit und Zahlung der vereinbarten Leistung, ist der Versicherer regelmäßig berechtigt, den Grad der Berufsunfähigkeit einmal im Jahr zu überprüfen. Der Versicherungsnehmer ist dabei verpflichtet, sich im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens ärztlich untersuchen zu lassen. Nach Anerkennung der Leistungspflicht haben BU-Versicherer das Recht, den Anspruch des Versicherungsnehmers auf Rentenleistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung zu überprüfen. Die Aufforderung, sich einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen, dient der Vorbereitung der Entscheidung, ob der Versicherer weiterhin gemäß seinem Leistungsanerkenntnis die vertragsgemäßen Leistungen erbringen muss oder ob er zu einer Leistungseinstellung berechtigt ist. Den Versicherungsnehmer trifft in diesem Rahmen eine besondere Mitwirkungspflicht, dessen Verletzung weitreichende Folgen haben kann: So stellte das OLG Köln in einem Urteil vom 19.7.2013 eine grob fahrlässige Verletzung der Nachuntersuchungsobliegenheit eines Versicherungsnehmers fest, der trotz formal korrekter Aufforderung durch seinen Versicherer nicht am Nachprüfungsverfahren mitgewirkt hatte. Die Versicherung hatte daraufhin – zu Recht – die Zahlung ihrer Rentenleistungen eingestellt (vgl. OLG Köln, Urt. v. 19.7.2013 – 20 U 26/11). Nachprüfungsverfahren BU Versicherung Geregelt ist das Nachprüfungsverfahren unter anderem in den Allgemeinen Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (BUZ-2008) als auch in den Allgemeinen Bedingungen zur Berufsunfähigkeitsversicherung (AB-BUV-2008). Gemäß § 6 Abs. 2 der BUZ-2008 bzw. § 13 Abs. 2 AB-BUV-2008 ist der Versicherer berechtigt, “auf unsere (d.h. des Versicherers) Kosten jederzeit sachdienliche Auskünfte und einmal jährlich umfassende Untersuchungen der versicherten Person durch von uns (d.h. des Versicherers) zu beauftragende Ärzte verlangen.” Der folgende § 6 Abs. 3 BUZ-2008 bzw. § 13 Abs. 3 AB-BUV-2008 regelt dabei die Anzeigepflichten des Versicherten, indem er bestimmt: “Eine Minderung der Berufsunfähigkeit oder der Pflegebedürftigkeit und die Wiederaufnahme bzw. Änderung der beruflichen Tätigkeit müssen sie uns unverzüglich mitteilen.” Im zitieren Fall hatte der Versicherte nach dem Anerkenntnis seiner Berufsunfähigkeit auf Grund von Innenohrschwerhörigkeit seit dem Februar 1988 Leistungen aus seiner Berufsunfähigkeitsversicherung bezogen. Bereits 1998 hatte die Versicherung erfolglos versucht, die Leistungen einzustellen. Im März 2005 forderte der BU-Versicherer den Versicherungsnehmer erneut zu einer uneingeschränkten Nachuntersuchung auf und teilte ihm schriftlich drei Terminvorschläge mit. Wegen “anderweitiger Belegung” nahm der Versicherungsnehmer die Termine nicht wahr; als Gründe gab er eine Urlaubsreise und einen Zahnarzttermin an. Zudem vertrat der er die Ansicht, dass die ärztliche Untersuchung auf jene Gesundheitsbeeinträchtigungen zu beschränken sei, die zum Anerkenntnis seiner Berufsunfähigkeit geführt haben. Dementgegen befand das Oberlandesgericht Köln, in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, dass eine umfassende ärztliche Untersuchung des Versicherungsnehmers dem Versicherer grundsätzlich gestattet sei (vgl. BGH, Urt. v. 17.02.1993 – IV ZR 162/91; Urt. v. 17.02.1993 – IV ZR 228/91). Nur wenn der Gesundheitszustand sich nicht verändert habe bzw. unveränderbar sei, müsse bei fehlender Erforderlichkeit von einer umfassenden Untersuchung abgesehen werden (vgl. hierzu auch OLG Bremen, Urt. v. 22.08.2011 – 3 U 12/11). Das Oberlandesgericht Köln stellte klar, dass der Versicherungsnehmer dem Versicherer zeitgerecht die Hinderungsgründe mitteilen müsse, wenn er die vom Versicherer bzw. vom Arzt vorgeschlagenen Untersuchungstermine nicht wahrnehmen könne. Auch müsse sich der Versicherungsnehmer bemühen, einen Termin für eine Untersuchung mit der Versicherung zu vereinbaren, vor allem, wenn in der Vergangenheit alle Versuche einer Terminfindung gescheitert seien. Das Oberlandesgericht Köln gelangte zu dem Urteil, dass der Versicherer für den Zeitraum der Verletzung der Mitwirkungsobliegenheit keine Leistungen an den Versicherungsnehmer zahlen müsse, da der Versicherungsnehmer in diesem Zeitraum die Mitwirkungspflicht grob fahrlässig verletzt habe. Auch teilte das Oberlandesgericht Köln die Auffassung des Landgerichts Köln, das erstinstanzlich befunden hatte, dass an die Aufforderung zur Nachuntersuchung keine besonderen formalen Anforderungen zu stellen seien, da dies in den einschlägigen Versicherungsbedingungen nicht vorgesehen sei (vgl. Landgericht Köln, Urt. vom 29.12.2010 – 26 O 132/09). Im Rahmen der Verletzung der Mitwirkungspflicht aufgrund eines groben fahrlässigen Verstoßes ist der Versicherer berechtigt, die Kürzung von Rentenzahlungen – auch rückwirkend – festzustellen bzw. diese erstattet zu verlangen. Rentenleistungen aus der BU-Versicherung werden zudem während der Dauer der Obliegenheitsverletzung des Versicherten nicht fällig. Bei einem vorsätzlichen Verstoß gegen eine Mitwirkungspflicht, welcher jedoch durch die Versicherung zu beweisen ist, kann diese von der Leistungspflicht befreit werden (vgl. § 28 Abs. 2 S. 1 VVG i.V.m. den jeweiligen Versicherungsbedingungen der Berufsunfähigkeitsversicherung).
Falsche Beantwortung der Gesundheitsfragen: Keine BU-Rente
Bei falscher Beantwortung von Gesundheitsfragen kann ein Versicherer die Berufsunfähigkeitsversicherung wegen arglistiger Täuschung anfechten. Wenn Versicherungsnehmer bei Vertragsabschluss bewusst falsche Angaben über frühere Erkrankungen und Beschwerden machen oder Vorerkrankungen verschweigen, kann der Versicherer die Berufsunfähigkeitsversicherung wegen arglistiger Täuschung gemäß § 22 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) in Verbindung mit §§ 123 und 142 Absatz 1 des Bürgerliches Gesetzbuchs (BGB) anfechten. In einem Berufungsverfahren hatte das Oberlandesgericht Karlsruhe darüber zu entscheiden, ob ein Bauschlosser und Lagerarbeiter, der einen BU-Antrag bei seinem Versicherer gestellt hatte, wissentlich Gesundheitsfragen bei Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung falsch beantwortet hatte. In der ersten Instanz hatte das Landgericht Mosbach bereits aus den objektiv falsch beantworteten Gesundheitsfragen arglistiges Verschweigen abgeleitet (LG Mosbach, Urt. v. 3.8.2012 – 1 O 39/12). In seinem Urteil vom 5. Februar 2013 folgte das Oberlandesgericht Karlsruhe der Entscheidung des Landgerichts (OLG Karlsruhe, Urt. v. 5.2.2013 – 12 U 140/12). Bei Abschluss der Berufsunfähigkeitsversicherung im Januar 2001 hatte der Versicherungsnehmer die Frage im Antragsformular, ob er in den letzten zehn Jahren an Krankheiten, gesundheitlichen Störungen oder Beschwerden gelitten habe oder leide, verneint. Auf die Frage nach Arztbesuchen gab er lediglich einen Arztbesuch wegen Angina an. Weiter führte er aus, dass er in den letzten 12 Monaten vor Unterzeichnung des Vertrages über vier Tage ein Antibiotikum eingenommen habe. Als der Versicherungsnehmer dann 2011 Leistungen aus seiner Berufsunfähigkeitsversicherung wegen “Rückenproblemen (Bandscheibe)” beantragte, ergaben Nachforschungen des Versicherers, dass der Versicherungsnehmer Vorerkrankungen verschwiegen hatte. Er war mehrfach vom Arzt arbeitsunfähig geschrieben worden, unter anderem vier Tage wegen Schulterbeschwerden und eines Überlastungssyndroms, drei Tage wegen Konjunktivitis, 13 Tage wegen einer Hämorrhoidalthrombose, acht Tage wegen Lumbago, 34 Tage wegen einer Analthrombose und 26 Tage wegen einer Perianalvenenthrombose, eines Perianalekzems und Hämorrhoiden. Der Versicherer machte sein Recht auf Anfechtung wegen arglistiger Täuschung gemäß § 22 VVG geltend, welches sich wiederum nach den allgemeinen Vorschriften des BGB richtet. In § 123 Abs. 1 BGB heißt es: “Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.” Im Sine des § 123 BGB liegt eine Täuschung vor, wenn einem Versicherungsnehmer bewusst ist, dass die Nichterwähnung von Vorerkrankungen bzw. medizinischen Behandlungen die Entschließung des Versicherers über die Annahme des Vertragsangebots beeinflusst (vgl. hierzu auch OLG Karlsruhe, Urt. v. 7.4.2005 – 12 U 391/04; BGH, Urt. v. 11. Mai 2001 – V ZR 14/00). Mit seinem Urteil vom 5.2.2013 wies das Oberlandesgericht Karlsruhe die Berufung des Versicherungsnehmers zurück und bestätigte die bereits vom Landgericht Mosbach festgestellte arglistige Täuschung. Das Oberlandesgericht konnte noch nachvollziehen, dass der Versicherungsnehmer eine sieben Jahre zurückliegende Bindehautentzündung als unerheblich eingeschätzt und deshalb nicht angegeben hatte. Als arglistige Täuschung hingegen erachtete das Oberlandesgericht den Tatbestand, dass der Versicherungsnehmer Schulter- und Rückenbeschwerden und vor allem Thromboseerkrankungen, die mit längerer Arbeitsunfähigkeit verbunden waren, verschwiegen hat. Benötigen Sie Unterstützung bei Ihrem BU-Antrag? Kontaktieren Sie uns! Kostenlose Ersteinschätzung Ihres Falles!
LG Fulda verurteilt SIGNAL IDUNA Vereinigte Lebensversicherung zur Zahlung von BU-Rente
Nach beinahe dreieinhalb jähriger Verfahrensdauer konnten BBP Rechtsanwälte & Fachanwälte für ihren Mandanten ein positives Urteil erstreiten: Die IDUNA Vereinigte Lebensversicherung wurde in dem am 21.03.2019 verkündeten Urteil des LG Fulda verurteilt, an den von BBP vertretenen Kläger bis Mitte 2015 rückwirkend BU-Rentenzahlungen zu leisten und vom Kläger bezahlte Versicherungsbeiträge zu erstatten, sowie an den Kläger unter Befreiung von der Beitragspflicht künftig monatliche Rentenzahlungen aus der von ihm unterhaltenen Berufsunfähigkeitsversicherung zu leisten.
LG Dortmund: Versicherer zur Leistung verpflichtet bei bedingungsgemäßem Anerkenntnis
LG Dortmund Urteil v. 06.02.2014 – 2 O 249/13 Berufsunfähigkeit: Versicherer bei gebotenem Anerkenntnis zur Leistungszahlung verpflichtet, wenn Versicherungsnehmer durchgehend über 6 Monate berufsunfähig Tenor Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.112,90 € (in Worten: fünftausendeinhundertzwölf 90/100 Euro) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.07.2013 sowie weitere 295,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.07.2013 zu zahlen. Die Beklagte wird ferner verurteilt, an die Klägerin 603,93 € zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt nach einem Streitwert von 5.408,70 € die Beklagte. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Tatbestand Die als Arzthelferin tätig gewesene Klägerin unterhält bei der Beklagten eine Berufsunfähigkeitszusatzversicherung auf Basis einer Risikolebensversicherung. Der Berufsunfähigkeitszusatzbedingung liegen Bedingungen (Nr. 113111) für die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (BUZ 92) mit 50 %-Klausel zu Grunde, auf die Bezug genommen wird. Als die Klägerin mit Antrag vom 14.07.2012 wegen psychischer Erschöpfung Leistungen aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung beantragte, stellte die Beklagte während des noch laufenden Leistungsprüfungsverfahrens mit Schreiben vom 20.08.2012 die vereinbarte Rente vom 01.02.2012 bis einschließlich August 2012 zur Verfügung. Nach Abschluss der Leistungsprüfung lehnte sie mit Schreiben 07.03.2013 den Leistungsantrag ab unter Bezugnahme auf ein Gutachten vom 13.07.2012, wonach Arbeitsunfähigkeit seit dem 23.01.2012 bei der Klägerin vorliegt, da davon auszugehen sei, dass die Klägerin bis Mitte August ihre Berufstätigkeit wieder aufnehmen könne und spätestens ab der 33. Kalenderwoche eine stufenweise Wiedereingliederung anzuraten sei. Auf eine Rückforderung der erbrachten Leistungen verzichtete die Beklagte. Die Klägerin ist unstreitig jedenfalls seit dem 01.07.2013 wieder arbeitsfähig, aber arbeitslos gemeldet. Sie behauptet bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit bis einschließlich Juni 2013. Mit der Klage macht sie die versprochenen Leistungen von September 2012 bis einschließlich Juni 2013 geltend. Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 5.112,90 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.07.2013 zu zahlen zuzüglich außergerichtlicher Mahnkosten in Höhe von 1.196,43 €; die Beklagte darüber hinaus zu verurteilen, an die Klägerin weitere 295,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Sie bestreitet die von der Klägerin vorgetragene Berufstätigkeit in der konkreten Ausprägung sowie bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit im Anspruchszeitraum. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Sitzungsprotokoll Bezug genommen. Entscheidungsgründe Die Klage ist bis auf eine Zuvielforderung bei den Nebenkosten begründet. Die Klägerin kann von der Beklagten die im abgeschlossenen Versicherungsvertrag über eine Berufsunfähigkeitszusatzversicherung versprochenen Leistungen (Rente und Beitragsbefreiung) für die Zeit von September 2012 bis einschließlich Juni 2013 verlangen, weil die Beklagte nach Leistungsprüfung auf Grund der ihr zu diesem Zeitpunkt vorliegenden ärztlichen Berichte und Gutachten verpflichtet gewesen wäre, das nach den vereinbarten Versicherungsbedingungen gebotene Leistungsanerkenntnis abzugeben. Das bedingungswidrige Unterlassen der Abgabe des gebotenen Leistungsanerkenntnisses führt zu dessen Fiktion, so dass sich die Beklagte so behandeln lassen muss, als hätte sie ein Leistungsanerkenntnis abgegeben, welches den Leistungsanspruch der Klägerin begründet. 1 Das Schreiben der Beklagten vom 20. August 2012, mit der die Beklagte der Klägerin Leistungen für die Zeit vom 01.02.2012 bis zunächst 01.09.2012 zur Verfügung gestellt hat, stellt auch aus der Sicht der Klägerin kein die Beklagte zur Leistung verpflichtendes Anerkenntnis dar, da die Beklagte die Leistungen ausdrücklich “ohne Anerkennung einer Rechtspflicht” zur Verfügung gestellt hat. Zwar kann auch trotz des Hinweises “ohne Anerkennung einer Rechtspflicht” die Zurverfügungstellung von Leistungen aus Sicht des Versicherungsnehmers ein bedingungsgemäßes Leistungsanerkenntnis darstellen (OLG Karlsruhe, r+s 2013, 34). Das Schreiben der Beklagten vom 20. August 2012 hat jedoch auch für die Klägerin hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die Zurverfügungstellung von Leistungen bis zunächst zum 01.09.2012 lediglich kulanzweise erfolgt. Denn bereits im Einleitungssatz weist die Beklagte darauf hin, dass nach den bisher vorliegenden Unterlagen über die Frage der Berufsunfähigkeit der Klägerin derzeit noch nicht entschieden werden könne. Sodann erläutert die Beklagte, dass die noch andauernde Leistungsprüfung sich für die Klägerin nicht negativ auswirken solle und ihr deswegen ohne Anerkennung einer Rechtspflicht Leistungen zur Verfügung gestellt werden sollen. Anschließend weist die Beklagte durch einen drucktechnisch hervorgehobenen Satz darauf hin, dass mit diesem Schreiben noch keine Entscheidung über die Frage einer bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit verbunden sein soll. Dadurch hat die Beklagte den Kulanzcharakter ihrer Entscheidung hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, so dass auch die Klägerin das Schreiben vom 20.08.2012 nicht als bedingungsgemäßes Leistungsanerkenntnis verstehen konnte. 2 Die Beklagte wäre aber verpflichtet gewesen, nach Abschluss ihrer Leistungsprüfung auf der Grundlage der von ihr beigezogenen ärztlichen Berichte und Gutachten ihre Leistungspflicht anzuerkennen, anstatt mit Schreiben vom 07. März 2013 den Leistungsantrag der Klägerin abzulehnen. a) Gemäß § 2 der vereinbarten BUZ 92 liegt Berufsunfähigkeit nicht nur dann vor, wenn die versicherte Person voraussichtlich 6 Monate ununterbrochen außerstande ist, ihren Beruf auszuüben, sondern auch dann, wenn die versicherte Person 6 Monate ununterbrochen krankheitsbedingt außerstande gewesen ist, ihren Beruf auszuüben. Im letzteren Fall gilt dieser Zustand von Beginn an als Berufsunfähigkeit. b) In Anwendung dieser vertraglichen Vereinbarungen hätte die Beklagte das in § 5 BUZ 92 geregelte Leistungsanerkenntnis aussprechen müssen, denn nach dem ihre Leistungsentscheidung zu Grunde gelegten sozialmedizinischen Gutachten des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Westfalen-Lippe vom 13.07.2012 war die Klägerin seit dem 23.01.2012 arbeitsunfähig und sollte in der Lage sein, ihre Berufstätigkeit Mitte August wieder aufzunehmen und spätestens ab der 33. Kalenderwoche in der Lage sein, eine stufenweise Wiedereingliederung vorzunehmen. Nach einem der Beklagten ebenfalls vorliegenden Bericht des Hausarztes der Klägerin vom 06.07.2012 sollte bei der Klägerin in ca. 2 Monaten mithin frühestens ab September 2012 Arbeitsfähigkeit wieder vorliegen, nachdem der ärztliche Bericht des Hausarztes vom 01.06.2012 den voraussichtlichen Beginn der Arbeitsfähigkeit noch mit dem 06.06.2012 angegeben hatte. Nach diesen ärztlichen Berichten und Gutachten, die die Beklagte ihrer Leistungsentscheidung zu Grunde gelegt hat, bestand für einen Zeitraum von mehr als 6 Monaten ununterbrochener Arbeitsunfähigkeit der Klägerin in ihrem Beruf als Arzthelferin. Diese, die Prognose bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit ersetzende sogenannte fiktive Berufsunfähigkeit gemäß § 2 der vereinbarten BUZ 92 gilt von Beginn an als Berufsunfähigkeit,