KG Berlin: Ausschluss von Rentenansprüchen aus der BU-Versicherung bei verweigerter Mitwirkung

KG Berlin Urteil v. 8.7.2014 – 6 U 134/13 Berufsunfähigkeitsversicherung: Ausschluss der Fälligkeit von Versicherungsansprüchen bei verweigerter Mitwirkung des Versicherungsnehmers bei der Erhebung personenbezogener Gesundheitsdaten Leitsätze 1. Die notwendigen Erhebungen des Versicherers zur Feststellung des Versicherungsfalls und des Umfangs der Leistung gemäß § 14 Abs. 1 VVG umfassen auch die Prüfung der Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht; ist dem Versicherer die Einholung von Informationen über Gesundheitsdaten des Versicherungsnehmers aus vorvertraglicher Zeit mangels Erteilung einer Schweigepflichtentbindungserklärung des Versicherungsnehmers nicht möglich, ist dessen Anspruch auf die Versicherungsleistung nicht fällig. 2. Aus § 213 VVG . F. und der zugrunde liegenden Rechtsprechung des BVerfG ergibt sich nicht, dass der Versicherer diese Informationen seit Inkrafttreten des neuen VVG nicht mehr, jedenfalls nur bei einem konkreten Verdacht einer Anzeigepflichtverletzung und/oder nur beschränkt auf solche Gesundheitsdaten einholen darf, die einen Einfluss auf den Eintritt des Versicherungsfalls gehabt haben können. Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 12. Juni 2013 – 23 O 341/12 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen. Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Revision zum Bundesgerichtshof wird zugelassen. Gründe I. Der Kläger begehrt Versicherungsleistungen aus einer mit der Beklagten zum 1. April 2009 zustande gekommenen Berufsunfähigkeitsversicherung mit der Behauptung, er sei seit dem 6. Mai 2010 wegen einer depressiven Erkrankung und eines “Burn-Out Syndroms” bedingungsgemäß berufsunfähig in seiner zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Bezirksleiter der Landesbausparkasse Hessen-Thüringen. Das Landgericht hat die Klage mit am 26. Juni 2013 zugestelltem Urteil, auf das wegen seiner tatsächlichen Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, als derzeit unbegründet abgewiesen und dies damit begründet, dass die Beklagte ihre Leistungsprüfung nicht abschließen könne, nachdem der Beklagte mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 27. Juli 2012 (Anlage K 22) ausdrücklich der Erhebung personenbezogener Gesundheitsdaten durch die Beklagte widersprochen hatte, “soweit das die Überprüfung vorvertraglicher Anzeigepflichtverletzungen betrifft”. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Begründung der angefochtenen Entscheidung verwiesen. Mit Schriftsatz vom 22. Juli 2013, eingegangen am 23. Juli 2013, hat der Kläger gegen das Urteil Berufung eingelegt und diese – nachdem auf seinen am 23 August 2013 eingegangenen Antrag die Frist bis zum 26. September 2013 verlängert worden war – mit am 20. September 2013 eingegangenem Schriftsatz begründet. Der Kläger rügt eine unzutreffende Rechtsanwendung durch das Ausgangsgericht. Er ist der Ansicht, auch nach den in den Versicherungsvertrag einbezogenen Versicherungsbedingungen nicht verpflichtet zu sein, der Beklagten die Prüfung einer vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung zu ermöglichen, zumal die Beklagte trotz Nachfrage weder einen konkreten Verdacht noch einen hinreichend konkreten Anhaltspunkt für eine vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung aufzeigen könne. Der Kläger bestreitet eine solche und behauptet, erstmals im Frühjahr 2010 Anzeichen für eine psychische Erkrankung verspürt zu haben. Der Kläger ist weiter der Ansicht, die angegriffene Entscheidung stehe im Widerspruch zu der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur informationellen Selbstbestimmung und zur Regelung des § 213 VVG, wonach insbesondere persönliche Gesundheitsdaten besonderen Schutz genießen. Der Kläger beantragt, I. das Urteil des Landgerichts Berlin – 23 O 341/12 – vom 12. Juni 2013 wie folgt abzuändern: 1. die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 32.112,48 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einem Teilbetrag von 27.548 € seit dem 1.6.2012, aus einem Teilbetrag von jeweils weiteren 1141,12 € seit dem 1. eines jeden Monats ab dem 01.07.2012 bis einschließlich 01.10.2012 zu zahlen; 2. die Beklagte wird verurteilt an den Kläger aus der Berufsunfähigkeitsversicherung zur Vers.-Nr. 3… beginnend ab 01.11.2012 bis längstens 31.03.2024 bis zum 1. eines jeden Monats jeweils eine Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von 1060,90 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz und zwar ab dem 2. des jeweiligen Monats zu zahlen; 3. es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, über das Jahr 2012 hinaus die monatliche Berufsunfähigkeitsrente jährlich zu erhöhen, jeweils zum 01. 04. eines jeden Jahres, längstens bis zum 31.03.2024, jeweils um 3 % der Rente des Vorjahres; die die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von der Prämienzahlungspflicht für die Berufsunfähigkeitsversicherung zur Vers.-Nr. 3… ab dem 1.11.2012 bis längstens zum 31.03.2024 freizustellen. II. Hilfsweise, das Urteil des Landgerichts Berlin – 23 O 341/12 – vom 12. Juni 2013 aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen. III. Hilfsweise wird angeregt, die Revision zuzulassen. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie ist der Ansicht, im Rahmen der Feststellung des Versicherungsfalls auch berechtigt zu sein, Gesundheitsdaten des Versicherungsnehmers aus der Zeit vor Abschluss des Versicherungsvertrages zu erheben, um zum einen klären zu können, ob sich das versicherte Risiko schon vorvertraglich verwirklicht hatte und zum anderen um zu prüfen, ob ihr wegen einer Anzeigepflichtverletzung ein Recht zur Anfechtung des Versicherungsvertrages oder zum Rücktritt vom Versicherungsvertrag zustehe, weil auch diese Fragen ihre Leistungspflicht beträfen. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts stehe dem – schon wegen der vorzunehmenden Interessenabwägung – nicht grundsätzlich entgegen. Das Widerspruchsrecht des Ver-sicherungsnehmers gemäß § 213 Abs. 2, 2. Hs. VVG sichere lediglich den verfassungs-rechtlich geschützten Anspruch des Versicherungsnehmers auf Schutz seiner persönlichen Daten, begründe aber keinen Anspruch auf die Versicherungsleistung unabhängig von einer Anspruchsprüfung durch den Versicherer. Ein konkreter Verdacht für eine vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung sei für die Datenerhebung aus vorvertraglicher Zeit nicht erforderlich, unabhängig davon ergebe sich dieser vorliegend bereits aus dem engen zeitlichen Zusammenhang zwischen der Antragstellung und dem behaupteten Eintritt der Berufsunfähigkeit, zumal die Erkrankung des Klägers an einer Depression in Form eines “Burnout-Syndroms” eine längere Krankheitsentwicklung belege. II. Die Berufung des Klägers vom 22. Juli 2013 ist zulässig, sie ist insbesondere form- und fristgemäß eingelegt (§§ 517, 519 ZPO) und – im Hinblick auf die Verlängerung der Frist bis zum 26. September 2013 – begründet (§ 520 ZPO) worden. In der Sache bleibt die Berufung des Klägers jedoch ohne Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht die Klage auf Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung als “derzeit unbegründet” abgewiesen. Die hiergegen

LG München I: Berufsunfähigkeit bei schwerer Persönlichkeitsstörung

LG München I Urteil v. 22.03.2006 – 25 O 19798/03 Berufsunfähigkeitszusatzversicherung: Versicherter berufsunfähig, wenn Beruf aufgrund schwerer Persönlichkeitsstörung zu 50 % nicht mehr ausgeübt werden kann Tenor I. Es wird festgestellt, dass hinsichtlich des Klägers die Voraussetzungen für den Erhalt eine Berufsunfähigkeitsrente nach den Bedingungen der Berufsunfähigkeitsversicherung der Beklagten ab 1.11.2003 bis längstens 1.9.2013 erfüllt sind. Im Übrigen wird die Feststellungsklage abgewiesen. II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 147.827,75 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6.11.2003 zu bezahlen. Im Übrigen wird die Klage auf Zahlung von Renten abgewiesen. III. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger weitere EUR 65.368,57 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6.11.2003 zu bezahlen. IV. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 1/5 und die Beklagte 4/5. V. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar. Tatbestand Der Kläger verlangt von der Beklagten Leistung aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung, die zwischen der Beklagten und der … GmbH (nachfolgend …) abgeschlossen wurde. Der Kläger ist Geschäftsführer und Alleingesellschafter dieser GmbH. Der Kläger hatte eine Ausbildung zum Bankkaufmann gemacht. Nach einem zweijährigen Aufenthalt in Südafrika, arbeitete der Kläger zunächst bei einem Finanzmakler in München. Seit 1988 ist der Kläger im Bereich der Geld- und Kapitalvermittlung tätig. Die … GmbH schloss 1989 eine Lebensversicherung mit dynamischer Erhöhung des Versicherungsschutz für den Kläger bei der Beklagten ab. Vereinbart wurde eine Versicherungssumme von 612.896,00, eine jährliche Berufsunfähigkeitsrente von 104.389,00 und ein monatlicher Beitrag von 3.510,67, sowie die Geltung der Besonderen Bedingungen für die Berufsunfähigkeits- Zusatzversicherung (K2). § 1 lautet: “Wird der Versicherte während der Dauer der Berufsunfähigkeits- Zusatzversicherung vollständig oder teilweise berufsunfähig, so entfällt bei Versicherungen mit laufender Beitragszahlung die Verpflichtung zur Beitragszahlung für die Hauptversicherung … und für die in sie eingeschlossenen Zusatzversicherungen bei einer Berufsunfähigkeit von mindestens 50 % ganz.” In § 2 Nr. 3 ist geregelt: “Ist der Versicherte mindestens sechs Monate ununterbrochen infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich dauernd außerstande, seinen Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und seiner bisherigen Lebensstellung entspricht, so gilt die Fortdauer dieses Zustands als vollständige oder teilweise Berufsunfähigkeit.” Am 13.12.2001 wurde beim Kläger ein Akustikusneurinom mittels Gamma-​Knife-​Bestrahlung entfernt. Im April bzw. Mai 2002 beantragte der Kläger Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung. Am 6.5.2002 (K5) attestierte Dr. … dem Kläger zum damaligen Zeitpunkt Berufsunfähigkeit. Die abgebuchte Prämie für die Lebens- und Berufsunfähigkeitsversicherung betrug bis zum 31.7.2002 monatlich 3.510,67, vom 1.9.2002 bis 31.7.2003 monatlich 3.861,73 und ab 1.9.2003 4.247,90. Ein Mitarbeiter der Fa. … suchte den Kläger im Auftrag der Beklagten auf und erstellte einen Zwischenbericht vom 26.6.2002 (B2), auf den Bezug genommen wird. Die Beklagte beauftragte Prof. … damit, den Kläger zu untersuchen. Prof. … kam in seinem Gutachten vom November 2002 (K7) zum Ergebnis, dass beim Kläger ein Zustand nach Operation eines Akustikusneurinoms mit persistierendem Tinnitus, einer leichten Hörstörung, sowie gelegentlichen Schwindelzuständen vorliege; ferner bestehe eine Neurasthenie und der Verdacht auf eine generalisierte Angststörung. Die bestehenden Funktionsdefizite auf psychiatrisch – psychologischem Gebiet führten zu einer quantitativen Einschränkung der berufsrelevanten Teiltätigkeiten von ca. 25 %. Bei intensiver Psychotherapie unterstützt durch Psychopharmaka sei mit einer Besserung des Zustands zu rechnen. Die Leistungseinschränkungen auf körperlichem Gebiet seien zu beachten. Es bestehe keine mindestens 50 % Einschränkung der Berufsfähigkeit. Mit Schreiben vom 20.2.2003 (K8) lehnte die Beklagte Leistungen wegen Berufsunfähigkeit unter Bezugnahme auf das erholte Gutachten zur Berufsunfähigkeit ab. Mit Datum vom 5.5.2003 (K3) erstellte die …, im Auftrag des Klägers eine Arbeitsplatzbeurteilung (K3), auf die Bezug genommen wird. Mit Datum vom 7.5.2003 (K9) erstattete der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, Dr. … im Auftrag des Klägers ein Gutachten. Dieser kam zum Ergebnis, dass beim Kläger wegen einer Konversionssymptomatik bei anhaltender Anpassungsstörung und deutlicher depressiver Symptomatik und langjährigem Alkoholmissbrauch Berufsunfähigkeit bestehe. Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, Dr. …, erstattete ebenfalls im Auftrag des Klägers ein Gutachten. Dieser kam in seinem Gutachten vom 18.7.2003 (K10) zum Ergebnis, dass dem Kläger bestenfalls noch eine berufliche Tätigkeit von 3 bis unter 4 Stunden pro Arbeitstag zuzumuten sei, wegen eines chronifizierten ängstlich – depressiven Verstimmungs- und Erschöpfungs- Syndroms mit Antriebs-, Motivations- und intermittierendem amnestischen und kognitiven Störungen, situativen Umstellungs- und Anstrengungserschwernissen und einer allgemeinen arbeitssituativen Minderfähigkeit im Rahmen einer bislang therapieresistenten psychophysischen Beeinträchtigungen einer asthenischen – sensitiven, zu diffusen Ängsten tendieren den Persönlichkeit, sowie Tinnitus und Kopfschmerzsyndrom. Mit Bescheid des Amts für Versorgung und Familienförderung vom 30.7.2003 (K4) wurde beim Kläger der Grad der Behinderung wegen des operierten Akustikusneurinom mit sekundärer Funktionsbeeinträchtigung und Depression mit 50 % festgestellt. Nach Klageerhebung trat die … GmbH mit Vereinbarung vom 11.12.2003 (K11) sämtliche Ansprüche aus der zwischen ihr und der Beklagten vereinbarten Berufsunfähigkeitszusatzversicherung an den Kläger ab. Mit der Klage verlangt der Kläger Leistung aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung seit 1.6.2002. Der Kläger behauptet: Er leide seit Anfang der 90ziger Jahre an Kopfschmerzen, vegetativen Störungen und Müdigkeit und schon länger an Schlafstörungen. In der … GmbH hätten außer dem Kläger drei gelernte Bankangestellte im Telefonvertrieb sowie drei Vertriebsassistentinnen gearbeitet. Er habe durchschnittlich 10 Stunden von Montag bis Freitag gearbeitet, ergänzt durch regelmäßige Wochenendarbeit zur Vorbereitung des Tagesgeschäfts. Ergänzend wird auf die Ausführungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 25.6.2004 (Bl. 67 ff) Bezug genommen. Seit der Entfernung des Akustikusneurinoms leide er auch unter einem Tinnitus und einer leichten Mittelohrschwerhörigkeit. Er sei aufgrund seiner Leistungseinschränkungen zu mindestens 50 % berufsunfähig. Soweit der Kläger versuche im Betrieb mitzuhalten, beruhe dies auf einem überobligationsmäßigen Einsatz. Eine Betriebsumorganisation, die dem Kläger ein ausreichendes Tätigkeitsfeld eröffne, das bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit ausschließe, sei nicht möglich. Eine Ausweitung der Arbeitsorganisation und -vorbereitung, bzw. Ideenentwicklung sei nicht möglich. Er sei auch nicht in der Lage, eine alternative Tätigkeit im Sinne der Versicherungsbedingungen auf Dauer auszuüben. Wegen des weitgehenden Ausfalls des Klägers sei ab 1.4.2004 ein neuer Mitarbeiter eingestellt worden. Mit Änderungsbescheid vom 9.9.2005 habe das Versorgungsamt die Behinderung des Klägers auf 70 % festgesetzt. Der Kläger stellt daher folgenden Antrag: 1. Es wird festgestellt, dass beim

Kulanzleistung BU-Rente – Wann gilt die Leistungspflicht als anerkannt?

Nach einem Urteil des Landgerichts Dortmund vom 6.2.2014 kann ein Versicherungsnehmer die in einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung festgelegten Leistungen einfordern, wenn der Versicherer nach Leistungsprüfung auf Grund der ihm zu diesem Zeitpunkt vorliegenden ärztlichen Berichte und Gutachten verpflichtet gewesen wäre, das nach den vereinbarten Bedingungen gebotene Leistungsanerkenntnis abzugeben (vgl. LG Dortmund, Urt. v. 6.2.2014 – 2 O 249/13). Auf Basis einer Risikolebensversicherung hatte eine Arzthelferin eine Berufsunfähigkeitszusatzversicherung abgeschlossen. Der behandelnde Arzt diagnostizierte psychische Erschöpfung und schrieb sie im Januar 2012 krank. Im Juli 2012 beantragte die Arzthelferin die in ihrer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung festlegten Leitungen – die vertraglich vereinbarte monatliche Berufsunfähigkeitsrente und eine Beitragsbefreiung. Während des Leistungsprüfungsverfahrens zahlte der Versicherer als Kulanzleistung zunächst vorbehaltlich die vereinbarte BU-Rente, deren Zahlung er zu einem späteren Zeitpunkt wieder einstellte, mit der Begründung, dass die Versicherungsnehmerin wieder arbeitsfähig sei. Im Rahmen des Verfahrens vor dem Landesgericht Dortmund führte die Versicherungsnehmerin aus, dass sie mehr als sechs Monate ohne Unterbrechung krankgeschrieben gewesen und somit gemäß der Versicherungsbestimmungen berufsunfähig gewesen sei. Das Landgericht Dortmund schloss sich in seinem Urteil der Auffassung der Arzthelferin an, da sich aus den zugrundeliegenden Versicherungsbedingungen der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung eindeutig ergebe, dass eine Berufsunfähigkeit nicht nur dann vorliege, wenn die versicherte Person voraussichtlich sechs Monate lang ununterbrochen nicht in der Lage sei, ihren Beruf auszuüben, sondern auch dann, wenn die versicherte Person sechs Monate ununterbrochen krankheitsbedingt außerstande gewesen sei, ihren Beruf auszuüben. Ausdrücklich verwies das Landgericht auf ein sozialmedizinisches Gutachten des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung und einen ärztlichen Bericht des Hausarztes, die beide die Arbeitsunfähigkeit der Versicherungsnehmerin von mindestens sechs Monaten bestätigt und zudem einen Zeitpunkt angegeben hätten, zu dem die Versicherungsnehmerin voraussichtlich wieder arbeitsfähig sei. Mit Bezug darauf stellte das Landgericht fest, dass in Anwendung dieser vertraglichen Vereinbarungen der Versicherer das in § 5 BB-BUZ (allgemeine Bedingungen der Berufsunfähigkeitsversicherung / Stand 1992) geregelte Leistungsanerkenntnis hätte aussprechen müssen, zumal ihm das Gutachten und der Bericht vorgelegen hätten. Wenn aber der Versicherer ein nach den Bedingungen gebotenes Leistungsanerkenntnis nicht abgebe, dann würde sein gebotenes Anerkenntnis fingiert mit der Folge, dass der Versicherer verpflichtet sei, die bedingungsgemäßen Leistungen – im vorliegenden Fall monatliche Rente und Beitragsbefreiung – zu erbringen (vgl. hierzu BGH, Beschluss v. 7.7.2010 – IV ZR 63/08; OLG Karlsruhe, Urt. v. 21.7.2011 – 12 U 55/11; OLG Saarbrücken, Urt. v. 14.11.2012 – 5 U 343/10-55) Eine Beendigung der Leistungspflicht hätte der Versicherer nur über ein Nachprüfungsverfahren erwirken können, das aber nicht durchgeführt wurde.

BU-Leistungen bei Burnout?

Nach der internationalen Klassifikation von Erkrankungen (ICD-10) gilt Burnout nicht als eine Krankheit. Kann ein Versicherungsnehmer, der mehr als sechs Monate aufgrund eines diagnostizierten Burnout-Syndroms arbeitsunfähig war, dennoch Leistungen aus seiner Berufsunfähigkeitsversicherung beanspruchen? Was ist das Burnout-Syndrom? Depression ist häufigste Ursache von Berufsunfähigkeit Bereits 2012 wies die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) in einem Positionspapier darauf hin, dass das Burnout-Syndrom ein ernstzunehmender Risikozustand sei, der zu weiteren Erkrankungen wie beispielsweise Depressionen, Angststörungen, chronischen Schmerzsyndromen oder Infektionskrankheiten führen könne. Gleichzeitig könne einem Burnout-Syndrom eine andere schwerwiegende Krankheit zugrunde liegen. Der englische Begriff “Burnout” bezeichnet einen Zustand der völligen psychischen und physischen Erschöpfung, dessen Ursachen und Symptome individuell sehr unterschiedlich sein können. Zu den typischen Symptomen zählen unter anderem anhaltende körperliche und emotionale Erschöpfung, mangelnde Konzentrationsfähigkeit und ein extremer Leistungsabfall. Nach den Regeln der evidenzbasierten Medizin existieren keine wirksam nachgewiesenen Therapien, was vor allem mit der komplexen Symptomatik des Syndroms zusammenhängt. Burnout und Arbeitsunfähigkeit Die Studie “Arbeitsunfähigkeit – Psychische Erkrankungen und Burnout” der Bundespsychotherapeutenkammer aus dem Jahr 2012, die Daten der großen gesetzlichen Krankenkassen zu Arbeitsunfähigkeit , psychischen Erkrankungen und Burnout ausgewertet hat, zeigte, dass die Anzahl der Krankschreibungen aufgrund eines Burnout-Syndroms (Z73 im ICD-10) seit 2004 um 700 Prozent und die Anzahl der betrieblichen Fehltage sogar um fast 1400 Prozent angestiegen sind. Diagnose von Burnout Bereits seit 2004 haben Ärzte die Möglichkeit, eine Erschöpfung im Sinne einer arbeitsbedingten Überlastung als eigenständige Diagnose festzuhalten. Seitdem ist Burnout in der internationalen Klassifikation ICD-10, mit deren Hilfe Ärzte ihre Diagnose für die Krankenkasse notieren, als Zusatzdiagnose Z73 (Z für Zusatzdiagnose) verzeichnet. Zumeist werden parallel eine mittelgradige oder schwere depressive Episode diagnostiziert (ICD-10: F.32.1, F.32.2). In dem Diagnoseschlüssel Z73 werden in dem Abschnitt “Probleme mit Bezug auf Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung” verschiedene Symptome wie “Ausgebranntheit, Burnout, Zustand der totalen Erschöpfung” (Z73.0) aufgeführt. Wie sieht auf dem Hintergrund dieser internationalen Klassifikation die rechtliche Situation aus, wenn ein Versicherungsnehmer, der sechs Monate oder länger aufgrund eines diagnostizierten Burnout-Syndroms arbeitsunfähig war und infolgedessen Leistungen aus seiner Versicherung beansprucht? Das Burn-Out-Syndrom im Rahmen der Berufsunfähigkeit Nach § 172 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) gilt als berufsunfähig, “wer seinen zuletzt ausgeübten Beruf (…) infolge Krankheit, Körperverletzung oder (…) Körperverfall ganz oder teilweise voraussichtlich auf Dauer nicht mehr ausüben kann”. Das Versicherungsvertragsgesetz beinhaltet keine Auflistung von Krankheiten, Körperverletzungen oder möglichen Formen des körperlichen Verfalls, sondern schreibt zunächst fest, dass bei Eintritt eines Versicherungsfalls eine Krankheit vorliegen muss, welche die bedingungsgemäße Ausübung eines bestimmten Berufes dauerhaft beeinträchtigt. Die Entscheidung des LG München Als vermeintlich einschlägiger BU-Fall bei Burnout wird des Öfteren ein Urteil des Landgerichts Münchens angeführt, das entschied, dass eine Versicherung Rentenleistungen an einen Versicherungsnehmer zahlen müsse, der infolge eines diagnostizierten Burnout-Syndroms seinen Beruf nicht mehr ausüben konnte (vgl. LG München, Urt. v. 22.3.2006 – 25 O 19798/03). Bei genauer Prüfung fällt allerdings auf, dass der Begriff “Burnout” im Wortlaut in dem Urteil nicht ein einziges Mal auftaucht. Ein gerichtlich bestellter Sachverständiger hatte bei dem Versicherungsnehmer “eine fehlgeleitete Entwicklung wegen permanenter Überforderung über Jahrzehnte hinweg” diagnostiziert. In juristischen Datenbanken lassen sich aktuell ebenfalls keine Urteile finden, in denen ein Versicherer ausschließlich aufgrund eines diagnostizierten Burnout-Syndroms und daraus resultierender Berufsunfähigkeit zur Zahlung von Berufsunfähigkeitsleistungen verurteilt wurde. In den meisten streitigen Verfahren wird in der Regel auf eine depressive Störung mit sogenanntem Burnout-Syndrom Bezug genommen. Das heißt, dass ein Versicherungsnehmer, bei dem ein Facharzt beispielsweise eine Depression oder eine Erschöpfungsdepression (mittlere bis schwere depressive Episoden) und ergänzend ein Burnout-Syndrom diagnostiziert hat, derzeit größere Chancen hat, Leistungen zu beanspruchen als ein Versicherungsnehmer, bei dem von einem Nichtfacharzt “nur” ein Burnout-Syndrom festgestellt wurde. Die Entscheidung des OLG Karlsruhe Aufschlussreich in diesem Kontext ist ein Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 3. Juli 2008 (vgl. OLG Karlsruhe, Urt. v. 3.7.2008 – 12 U 22/08). Hier zahlte die Berufsunfähigkeitsversicherung an einen Anwalt, der 2001 an einer schweren depressiven Störung mit Burnout-Syndrom erkrankt war, ab Mai 2002 entsprechende Leistungen. In weiterer Folge leitete die Versicherung wiederholt Nachprüfungsverfahren ein. Ein medizinisches Universitätsgutachten führte unter anderem aus, dass eine nachhaltige, 15% überschreitende Beeinträchtigung der Berufsfähigkeit auf psychiatrischem-psychotherapeutischem Gebiet nicht mehr bestehe. Auf Basis dieses Gutachtens stellte die Versicherung die Zahlungen ein. Dass Gerichte die Tragweite eines Burnout-Symptoms zunehmend ernst nehmen, zeigte die Urteilsbegründung des Oberlandesgerichtes, das den Versicherer zur weiteren Zahlung der Leistungen verurteilte. Das Gericht sah vor allem einen Widerspruch darin, dass der Gutachter einerseits dem Anwalt eine Leistungsfähigkeit von ca. 80% bescheinigte, aber gleichzeitig anerkannte, dass dieser nach wie vor bei der Ausübung aller Tätigkeiten unter enormen Zeitdruck stehe. Da “die Austragung und Lösung von Konflikten zum täglichen Brot eines Rechtsanwalts gehöre”, hätte der Versicherer nachvollziehbar darlegen müssen, warum der Anwalt dennoch in der Lage hätte sein sollen, seine zuletzt ausgeübte berufliche Tätigkeit als Rechtsanwalt in eigener Kanzlei zu mehr als 50% wieder aufzunehmen. Anders als das Urteil des LG München ist das Urteil des OLG Karlsruhe als tendenziell richtungsweisend zu deuten, da hier die Ursachen, die dauerhaft die spezifische Ausübung eines Berufes beeinträchtigen können, genau und sorgfältig evaluiert wurden. Was tun? Wenn auch Sie an Burnout oder einer Depression erkrankt sind und Leistungen aus Ihrer BU-Versicherung beantragen wollen (oder Ihr Versicherer Leistungen aufgrund dieser Diagnosen abgelehnt hat), dann kontaktieren Sie uns gerne! Die mit “*” gekennzeichneten Felder sind Pflichtfelder. Wir benötigen diese Angaben, um Ihre Anfrage möglichst effektiv und zeitnah beantworten zu können. Ihre Anfrage wird verschlüsselt per SSL an unseren Server geschickt. Wir werden Ihre Angaben nur zur Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Hier finden Sie unsere Datenschutzerklärung.

LG Bochum: Psychische Erkrankungen rechtfertigen Berufsunfähigkeit

Nach beinahe dreieinhalb jähriger Verfahrensdauer konnten BBP Rechtsanwälte & Fachanwälte für ihren Mandanten ein positives Urteil erstreiten: Die IDUNA Vereinigte Lebensversicherung wurde in dem am 21.03.2019 verkündeten Urteil des LG Fulda verurteilt, an den von BBP vertretenen Kläger bis Mitte 2015 rückwirkend BU-Rentenzahlungen zu leisten und vom Kläger bezahlte Versicherungsbeiträge zu erstatten, sowie an den Kläger unter Befreiung von der Beitragspflicht künftig monatliche Rentenzahlungen aus der von ihm unterhaltenen Berufsunfähigkeitsversicherung zu leisten.

Das medizinische Sachverständigengutachten bei Berufsunfähigkeit

Der Versicherungsnehmer steht bei einem Antrag auf Leistungen aus der von ihm abgeschlossenen Berufsunfähigkeitsversicherung zumeist vor einer großen Hürde, da er das Vorliegen der Berufsunfähigkeit medizinisch zu beweisen hat. Die Prüfung erfolgt im Rahmen der sog. “Erstprüfung” durch den Versicherer. Das Prüfungsverfahren wird eingeleitet, wenn der Versicherte der Versicherung seine Berufsunfähigkeit mitteilt und damit verbunden den Anspruch auf Leistung erhebt.

OLG Braunschweig: Versicherte nicht zur Anzeige depressiver Episoden verpflichtet

Die fünfjährige Ausschlussfrist des § 21 Abs. 3 Satz 1 VVG entfällt nur beim objektiven Eintritt des Versicherungsfalls

Die fünfjährige Ausschlussfrist für die Geltendmachung der Rechte des Versicherers wegen einer Anzeigepflichtverletzung des Versicherungsnehmers nach § 21 Abs. 3 Satz 1 VVG entfällt nur dann, wenn während des Fristlaufs die versicherungsmäßigen Bedingungen für die Leistungspflicht des Versicherers eintreten. Allein die Geltendmachung eines Leistungsanspruchs durch den Versicherungsnehmer für einen in diese Zeit fallenden vermeintlichen Versicherungsfall genügt hierfür nicht.

Berufsunfähigkeitsleistungen (BU-Rente) bei Depression, Burn-Out und Co

In letzten Jahren haben psychische Erkrankungen einschließlich Nervenleiden laut einer Auswertung des Analysehauses Morgen & Morgen aus dem Jahr 2014 mit 30,99 % als inzwischen häufigste Ursache der Berufsunfähigkeit Erkrankungen des Skelett- und Bewegungsapparates (21,89 %) überholt.