Berufen auf fehlende Belehrung über die Anzeigepflichtverletzung bei arglistiger Täuschung im Allgemeinen ausgeschlossen

Bei Verdacht auf arglistige Täuschung steht dem Versicherer das Recht zu, einen Vertrag anzufechten und bei Nachweis arglistigen Handelns davon zurückzutreten, selbst wenn er den Versicherungsnehmer nicht wirksam über die Rechtsfolgen bei vorvertraglicher Anzeigenpflichtverletzung belehrt hat. Gemäß § 19 VVG kann ein Versicherer einen Vertrag anfechten und von diesem zurücktreten, wenn ein Versicherungsnehmer die Gesundheitsfragen nicht wahrheitsgemäß und vollständig beantwortet bzw. nicht auf alle Gefahrenumstände hingewiesen hat. Um dieses Recht auszuüben, muss der Versicherer den Versicherungsnehmer bei Vertragsabschluss ordnungsgemäß über die Rechtsfolgen einer vorvertraglichen Anzeigenpflichtverletzung belehrt haben (§ 19 Abs. 5 Satz 1 VVG). Rechtsfolgen bei Informationsmangel Eine Ausnahme stellt der Tatbestand der arglistigen Täuschung dar: In seinem Urteil vom 12. März 2014 hat der Bundesgerichtshof klar gestellt, dass der Versicherer, selbst wenn er über die möglichen Folgen von falschen oder fehlenden Angaben im Antragsformular nicht ausreichend belehrt hat, zum Rücktritt vom Versicherungsvertrag berechtigt ist, wenn der Versicherungsnehmer oder der für ihn handelnde Versicherungsvermittler arglistig falsche Angaben im Antrag gemacht hat. Der arglistig handelnde Versicherungsnehmer kann sich dann nicht auf eine Verletzung der Pflicht des Versicherers, ihn über die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung zu belehren, berufen (vgl. BGH, Urt. v. 12.3.2014 – IV ZR 306/13). In einem vor dem Oberlandesgericht in Stuttgart verhandelten Fall (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 26.9.2013 – 7 U 101/13) musste der Senat darüber entscheiden, ob ein Versicherungsnehmer bei Wechsel zu einer anderen Versicherung bewusst vorvertragliche Erkrankungen (Gonarthrose und arterielle Hypertonie) und deren Behandlungen verschwiegen und den Versicherer arglistig getäuscht hatte. Obwohl der Senat nicht verkannte, dass in erheblichem Umfang Indizien vorlagen, die auf eine arglistige Täuschung seitens des Klägers hindeuteten, ließen entlastende Indizien den Senat letztendlich an der arglistigen Täuschung des Versicherungsnehmers zweifeln. Der Versicherungsvermittler hatte den potenziellen Versicherungsnehmer nämlich auf eigene Initiative mehrfach aufgesucht, um ihn von einem Wechsel zu einer günstigeren Versicherung zu überzeugen. Auf Drängen des Versicherungsvermittlers hatte der Versicherungsnehmer, der angeblich auf alle Vorerkrankungen hingewiesen hatte, schließlich einem Wechsel zugestimmt und das vom Versicherungsvermittler bereits vollständig ausgefüllte Antragsformular unterzeichnet. Unter anderem hatte der Versicherungsvermittler angegeben, dass “allgemeine Kontrolluntersuchungen ohne Befund” gewesen seien. Der Senat gelangte unter anderem aufgrund dieser Angabe zu der Überzeugung, dass dem Versicherungsnehmer die Gesundheitsfragen nicht zur Beantwortung vorlegt worden seien. In seinem Urteil befand das OLG Stuttgart, dass “die üblichen Indizien für Arglist bei unvollständigen Gesundheitsangaben stark entwertet werden”, wenn “ein Kunde im Wege der sogenannten Kaltakquise nach wiederholten Besuchen gewonnen werde”. Ferner urteilte das OLG Stuttgart, dass das Recht der Versicherung zum Rücktritt wegen formal unwirksamer Belehrung ausgeschlossen sei. Die Hinweise auf die Rechtsfolgen falscher Gesundheitsangaben in einem Antragsformular auf der letzten Seite, mehrere Seiten nach der Unterschrift, können bei der Antragstellung leicht übersehen werden und seien aus diesem Grund nicht ausreichend. Die Folge ist, dass der Versicherer nicht vom Versicherungsvertrag zurücktreten kann. Mit dieser Aussage folgte das OLG Stuttgart der gängigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, der bereits mehrfach zu den formalen Anforderungen an eine wirksame Belehrung Stellung genommen hat (vgl. BGH, Urt. v. 9.1.2013 – IV ZR 197/11; BGH, Beschluss v. 11.09.2013 – IV ZR 253/12; OLG Stuttgart, Urt. v. 26.9.2013 – 7 U 101/13). Benötigen Sie Hilfe bei Ihrem BU-Antrag? Kontaktieren Sie uns! Kostenlose Ersteinschätzung Ihres Falles!

Auskunftspflicht des Versicherungsnehmers und Entbindung von ärztlicher Schweigepflicht

In der Regel überprüfen Versicherer im Leistungsfall, ob vorvertragliche Anzeigepflichten verletzt worden sind. Muss der Versicherungsnehmer solche Ermittlungen durch eine Schweigepflichtentbindungserklärung unterstützen? Ob eine Berufsunfähigkeitsversicherung die vertraglich vereinbarte Leistung im Versicherungsfall zahlen muss, hängt maßgeblich davon ab, ob der Versicherte bei Abschluss des Vertrages die Gesundheitsfragen wahrheitsgemäß und vollständig beantwortet hat. In der Regel überprüfen Versicherer, ob vorvertragliche Anzeigepflichten verletzt worden sind. Um gesundheitsbezogene Daten aus vorvertraglicher Zeit bei behandelnden Ärzten, Krankenhäusern, Krankenkassen oder anderen Einrichtungen einzuholen, benötigt der Versicherer eine sogenannte Schweigepflichtentbindungserklärung, das heißt, der Versicherungsnehmer muss die in Frage kommenden Personen und Einrichtungen von ihrer Schweigepflicht entbinden. Berufsunfähigkeitsversicherung Nach einem Urteil des Kammergerichts Berlin vom 8.7.2014 (6 U 134/13) umfassen die notwendigen Erhebungen des Versicherers zur Feststellung des Versicherungsfalls und des Umfangs der Leistung gemäß § 14 Abs. 1 VVG auch die Prüfung der Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht. Wenn der Versicherungsnehmer, wie im gerichtlich verhandelten Fall, eine Entbindung von der Schweigepflicht verweigert und der Versicherer deshalb keine Gesundheitsdaten aus vorvertraglicher Zeit einholen kann, besteht nach Ansicht des Gerichtes kein Anspruch auf die Versicherungsleistung. Das Kammergericht ist dem vorhergehenden Urteil des Landgerichts (LG Berlin, 12.6.2013 – 23 O 341/12) dahingehend gefolgt, dass der Anspruch auf die Versicherungsleistung im Sinne des § 14 VVG nicht fällig ist, da der Versicherer aufgrund des Widerspruchs des Versicherungsnehmers gegen die beabsichtigte Erhebung von Gesundheitsdaten aus vorvertraglicher Zeit seine Leistungsprüfung nicht abschließen kann. In der Vorentscheidung hatte das Landgericht Berlin es offen gelassen, ob die Erforderlichkeit der Datenerhebung eine hinreichend konkrete Verdachtslage erfordert. Das Kammergericht beschäftigte sich ausführlich mit der Frage, ob § 213 VVG bzw. die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der Erhebung von Gesundheitsdaten aus vorvertraglicher Zeit entgegensteht und verneinte dieses (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.10.2006 – 1 BvR 2027/02; BVerfG, Beschluss vom 17. Juli 2013 – 1 BvR 3167/08). Zudem distanzierte sich das Gericht von der von Egger (VersR 2014, 553; VersR 2012, 810) vertretenen Auffassung, dass dem Versicherer im Rahmen der Leistungsprüfung allein das Recht zustünde, Daten zu der Frage zu erheben, ob sich das versicherte Risiko verwirklicht habe. Zwar wird mit § 213 VVG der Schutz des Persönlichkeitsrechts des Versicherungsnehmers in Form eines Selbstbestimmungsrechts über die Gesundheitsdaten gewährleistet, aber im vorliegenden Fall nahm das Kammergericht Berlin eine Abwägung vor und räumte dem Ermittlungsinteresse des Versicherers Vorrang ein. Das Kammergericht hat die Revision zum Bundesgerichtshof wegen der grundsätzlichen Bedeutung der entscheidungsrelevanten Fragen zugelassen, insbesondere unter welchen Voraussetzungen und im welchem Umfang der Versicherer unter Berücksichtigung des § 213 VVG und der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Gesundheitsdaten aus vorvertraglicher Zeit erheben darf. Benötigen Sie Hilfe bei Ihrem BU-Antrag? Kontaktieren Sie uns! Kostenlose Ersteinschätzung Ihres Falles!

OLG Hamm: Zum Erfordernis der Belehrung gem. § 19 Abs. 5 VVG durch gesonderte Mitteilung in Textform

OLG Hamm, Beschluss v. 13.2.2015 – 20 U 169/14 Zum Erfordernis der Belehrung gem. § 19 Abs. 5 VVG durch gesonderte Mitteilung in Textform Hinweisbeschluss Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Es wird Gelegenheit gegeben, binnen zwei Wochen Stellung zu nehmen. Die Berufung ist aufgrund des Hinweisbeschlusses zurückgenommen worden. Gründe: Die Berufung der Beklagten hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung und es erfordert auch nicht die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung des Berufungsgerichts. I. Der Kläger wendet sich im Wege der Feststellungsklage gegen den von der Beklagten ausgesprochenen Rücktritt des mit Versicherungsschein vom 24.01.2012 policierten Krankenversicherungsvertrag bzw. gegen die in erster Instanz erklärte Anfechtung dieses Vertrages wegen arglistiger Täuschung. Der Kläger hat den Antrag vom 19.11.2011 über den als Versicherungsmakler tätigen Streitverkündeten eingereicht und dabei zu den Gesundheitsfragen lediglich die Frage „Untersuchungen und Behandlungen in den letzten drei Jahren“ bejaht und insoweit auf eine Mandelentzündung im Jahr 2009 verwiesen. Vorangestellt war den Gesundheitsfragen auf der letzten Seite des Antragsformulars folgender Hinweis: “Die Gesundheitsfragen sind nach bestem Wissen sorgfältig, vollständig und richtig zu beantworten. Eine Verletzung Ihrer vorvertraglichen Anzeigepflicht kann den Versicherer zum Rücktritt oder zur Kündigung berechtigen oder zu einer Vertragsanpassung führen. Bitte beachten Sie hierzu die Ausführungen zur Bedeutung der vorvertraglichen Anzeigepflicht gemäß § 19 Abs. 5 VVG unter Ziffer 12. der Erklärungen des Antragstellers und der zu versichernden Personen.” Außerdem fand sich unter der Rubrik “Schlusserklärungen und Unterschriften” folgender “Hinweis: Bevor Sie den Antrag unterschreiben, lesen Sie bitte auch die Erklärungen auf den letzten Seiten. Sie enthalten unter anderem Ihre Erklärung zur Entbindung von der Schweigepflicht (siehe Ziffer 8 a und c), Ihre Einwilligung nach dem Bundesdatenschutzgesetz (siehe Ziffer 9) und die Mitteilung nach § 19 Abs. 5 VVG über die Folgen einer Verletzung der gesetzlichen Anzeigepflicht (s. Ziffer 12). Mit Ihrer Unterschrift machen Sie die Erklärungen zum Inhalt des Antrags.” Diese dem Antragformular beigefügten Erklärungen enthielten unter Ziffer 12 eine “Mitteilung nach § 19 Abs. 5 VVG über die Folgen einer Verletzung der gesetzlichen Anzeigepflicht”. Außerdem ließ sich die Beklagte eine “Erklärung zum Antrag” unterzeichnen, in der sich u. a. folgender “Hinweis zur vorvertraglichen Anzeigepflicht” befand: “Die Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht kann den Versicherer zum Rücktritt oder zur Kündigung berechtigen oder zu einer Vertragsanpassung führen. Bitte beachten Sie hierzu die Erklärungen auf den letzten Seiten Ihres Antrages. Sie enthalten u.a. die Mitteilung nach § 19 Abs. 5 VVG über die Folgen einer Verletzung der gesetzlichen Anzeigepflicht.” Wegen der formalen Gestaltung und der weiteren inhaltlichen Einzelheiten der Antragsunterlagen und Erklärungen wird auf die Anlagen K 1 (Bl. 13 ff GA), sowie BLD 1 und BLD 2 (Bl. 55 – 57 GA) verwiesen. Unstreitig hatte sich der Kläger im relevanten Zeitraum auch wegen eines atopischen Ekzems bzw. Psoriasis vulgaris Salben verschreiben und wegen Blockierungen im BWS- und HWS-Bereich chiropraktisch behandeln lassen. Im Hinblick darauf erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 18.01.2013 den Rücktritt vom Krankenversicherungsvertrag (Bl. 25 GA). Der Kläger hat dazu behauptet, dass der Versicherungsmakler ihm bei Schilderung dieser Vorbehandlungen, die sich aus seiner Sicht als trockene Hautstellen hinter den Ohren und gelegentliche Rückenbeschwerden darstellten, erklärt habe, es handele sich insoweit nicht um anzeigepflichtige Umstände, weil nur tatsächliche Erkrankungen bzw. dauerhafte medizinische Beschwerden anzugeben seien. Dies habe ihm eingeleuchtet. Er sei über die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung zudem nicht hinreichend belehrt worden. Die in den “Erklärungen des Antragstellers und der zu versichernden Personen” enthaltene Belehrung entspreche weder formal noch inhaltlich den Anforderungen aus § 19 Abs. 5 VVG. Die Beklagte hat dies in Abrede gestellt und sich auf den Standpunkt gestellt, dass der Kläger auf die Gesundheitsfragen auch die Haut- und Wirbelsäulenbeschwerden hätte angeben müssen, welche die Beklagte zur Ablehnung des Versicherungsschutzes veranlasst hätten. Deshalb sei sie auch zur Anfechtung des Versicherungsvertrages wegen arglistiger Täuschung berechtigt. Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Das Landgericht hat der Klage nach zeugenschaftlicher Vernehmung des Streitverkündeten stattgegeben. Der Versicherungsvertrag habe ungeachtet der Rücktritts- und Anfechtungserklärungen Bestand. Zwar habe der Kläger die im Antragsformular gestellten Gesundheitsfragen nicht richtig beantwortet, indem er seine Haut- und Wirbelsäulenbeschwerden nicht angab, jedoch habe er bewiesen, dass dies nicht vorsätzlich erfolgt sei. Insoweit habe der Streitverkündete im Rahmen seiner Zeugenvernehmung glaubhaft bestätigt, dass er die vom Kläger berichteten Behandlungen wegen Haut- und Wirbelsäulenbeschwerden in dem von ihm ausgefüllten Antragsformular nicht eingetragen habe, weil er diese für unerheblich gehalten habe. Damit hätten sowohl der Kläger als auch der für ihn tätige Versicherungsmakler im Hinblick auf die Falschangaben unvorsätzlich gehandelt. Soweit der Streitverkündete wegen seines unzutreffenden Verständnisses vom Umfang der Gesundheitsfragen grob fahrlässig gehandelt habe, berechtige dies die Beklagte nicht zum Rücktritt, weil sie den Vertrag bei richtiger Information über den Gesundheitszustand des Klägers trotzdem, wenn auch zu anderen Bedingungen, abgeschlossen hätte. Wegen der Argumentation im einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils verwiesen. Mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung zieht die Beklagte zunächst das Feststellungsinteresse des Klägers in Frage, weil dieser mittlerweile unstreitig anderweitig krankenversichert ist. In der Sache sei das Landgericht zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Vertrag auch bei zutreffender Beantwortung der Gesundheitsfragen abgeschlossen worden wäre. Insoweit sei allein auf die Risikoprüfungsgrundsätze des Versicherers und nicht auf die laienhafte Wertung des Gerichts abzustellen. Dazu trägt die Beklagte im einzelnen näher vor. Im Übrigen habe das Landgericht den Täuschungsvorsatz des Klägers zu Unrecht verneint. Diesem hätte sich die Gefahrerheblichkeit seiner Vorerkrankungen aufdrängen müssen. II. Das Landgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Der streitgegenständliche Krankenversicherungsvertrag hat ungeachtet der Rücktritts- und Anfechtungserklärungen der Beklagten Bestand. 1. Dabei kann dahinstehen, ob der Kläger vorsätzlich oder grob fahrlässig seine Anzeigepflichten bei Antragstellung verletzt hat. Der Beklagten stand schon deshalb kein Rücktrittsrecht zu, weil sie den Kläger nicht ordnungsgemäß durch „gesonderte Mitteilung in Textform“ iSd § 19 Abs. 5 S. 1 VVG auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung hingewiesen hat. Dies ergibt sich aus formalen Mängeln der erteilten Hinweise. Bereits in der zum alten Versicherungsvertragsrecht

Kenntnis und Textform der Antragsfragen bei Beantragung einer BU-Versicherung

Beim Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung muss der Versicherungsnehmer nach § 19 Abs. 1 S. 1 VVG nur solche Gesundheitsfragen beantworten, die der Versicherer ihm in Textform gestellt hat (§ 126 b BGB). Ein Versicherungsunternehmen möchte vor dem Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung die Gefahr eines Schadenseintritts bestmöglich einschätzen können: Deshalb darf der Versicherer den Antragsteller nach gefahrerheblichen Umständen, also solchen Umständen, welche für seine Risikoeinschätzung erheblich sind, befragen. Doch nur wenn der Versicherer sogenannte Gefahrenumstände im Sinne von § 19 Abs. 1 S.1 VVG in Textform erfragt, kann er sich im Versicherungsfall auf eine vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung berufen. Der Versicherer ist also dazu verpflichtet, dem Antragsteller einen vollständigen Zugang zum Inhalt des Antragsformulars in Textform zu ermöglichen. Entsprechend der gesetzlichen Definition in § 126b BGB ist Textform nur gewahrt, sofern die Fragen dem Versicherungsnehmer in einer zur dauerhaften Wiedergabe geeigneten Weise in Schriftzeichen gestellt werden. Textform erfordert somit, dass der Antragsteller die Gesundheitsfragen verkörpert vor Augen hat, sie also ggf. mitlesen kann, unabhängig davon, ob er sie auch tatsächlich mitliest. Wenn nun der Antragsteller den Fragenbogen eines Versicherers selbst ausfüllt, kann davon ausgegangen werden, dass er die Fragen in Textform vollständig zur Kenntnis genommen hat. Die nicht wahrheitsgemäße oder unvollständige Beantwortung von Fragen würde im Versicherungsfall und bei der Berufung auf vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung zu seinen Lasten gehen. Anders gestaltet sich die Situation, wenn ein Antragsteller und ein Versicherungsvermittler gemeinsam einen Fragebogen ausfüllen. Hier sind in der Praxis verschiedene Szenarien denkbar. Im Idealfall liest der Versicherungsvermittler beispielsweise die Fragen vollständig vor, lässt den Antragsteller am Laptop oder auf einem Papierausdruck die Fragen mitlesen und fordert ihn anschließend auf, den gemeinsam am Laptop ausgefüllten Fragenbogen nochmals ohne Zeitdruck in ausgedruckter Form durchzulesen. Wenn ein Versicherungsvermittler so vorgeht, entspricht er dem Textformerfordernis im Sinne von § 19 Abs. 1 S. 1, da der künftige Versicherungsnehmer die Fragen in zweifacher Form – am Laptop sowie auf dem Ausdruck – unzweifelhaft verkörpert vor Augen hat. Dagegen genügt das bloße Vorlesen von Gesundheitsfragen durch den Versicherungsmittler, ohne dem Antragsteller eine Möglichkeit zu geben, selbst die Fragen mitzulesen, grundsätzlich nicht (vgl. LG Berlin, Urteil v. 25.1.2013 – 23 O 238/11). Sofern ein Versicherungsvermittler Fragen umformuliert, Fragen auslässt oder deren Sinn verfälscht, also die mündlich gestellten Fragen von den schriftlichen Gesundheitsfragen stark abweichen, so ist das Textformerfordernis des §19 Abs. 1 VVG i.V.m. § 126 b BGB ebenfalls nicht gewahrt und der Versicherer kann sich im Falle eines Versicherungsfalles nicht auf eine vermeintliche vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung berufen. Im Falle der digitalen Aufnahme eines Versicherungsantrages, z.B. über einen Laptop oder ein Tablet, hat die Stellung der Gesundheitsfragen im Falle einer mündlichen Befragung durch den Versicherungsvertreter und der Aufnahme der Antworten auf dessen Laptop auf eine Art und Weise zu erfolgen, so dass das Ausfüllen des Formulars durch den Versicherungsvermittler einer „eigenverantwortlichen Beantwortung“ durch den Antragsteller entspricht. Eine eigenverantwortliche Beantwortung impliziert das vollständige Vorlesen der Fragen ohne Zeitdruck und die Möglichkeit des Antragstellers, Rückfragen zu stellen und Fragen im Einzelnen zu besprechen. Dabei gilt: Selbst wenn der Versicherungsvermittler Gesundheitsfragen nicht vollständig oder korrekt vorliest, den Antragsteller aber aufgefordert hat, die Fragen am Bildschirm bzw. im Papierformular mitzulesen, so ist von der Einhaltung der Textform auszugehen. Schließlich sind dem Versicherungsnehmer die Antragsfragen vor der Unterzeichnung des Versicherungsantrages in dauerhaft lesbarer Form zur Verfügung zu stellen (vgl. BGH, Urt. v. 24.11.2010 – IV ZR 252/08). Dies kann durch einen Ausdruck der Fragen erfolgen, durch eine Übergabe auf einem Datenstick oder durch die Versendung per E-Mail. Benötigen Sie Hilfe bei Ihrem BU-Antrag? Kontaktieren Sie uns! Kostenlose Ersteinschätzung Ihres Falles! 

Falsche Beantwortung der Gesundheitsfragen: Keine BU-Rente

Bei falscher Beantwortung von Gesundheitsfragen kann ein Versicherer die Berufsunfähigkeitsversicherung wegen arglistiger Täuschung anfechten. Wenn Versicherungsnehmer bei Vertragsabschluss bewusst falsche Angaben über frühere Erkrankungen und Beschwerden machen oder Vorerkrankungen verschweigen, kann der Versicherer die Berufsunfähigkeitsversicherung wegen arglistiger Täuschung gemäß § 22 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) in Verbindung mit §§ 123 und 142 Absatz 1 des Bürgerliches Gesetzbuchs (BGB) anfechten. In einem Berufungsverfahren hatte das Oberlandesgericht Karlsruhe darüber zu entscheiden, ob ein Bauschlosser und Lagerarbeiter, der einen BU-Antrag bei seinem Versicherer gestellt hatte, wissentlich Gesundheitsfragen bei Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung falsch beantwortet hatte. In der ersten Instanz hatte das Landgericht Mosbach bereits aus den objektiv falsch beantworteten Gesundheitsfragen arglistiges Verschweigen abgeleitet (LG Mosbach, Urt. v. 3.8.2012 – 1 O 39/12). In seinem Urteil vom 5. Februar 2013 folgte das Oberlandesgericht Karlsruhe der Entscheidung des Landgerichts (OLG Karlsruhe, Urt. v. 5.2.2013 – 12 U 140/12). Bei Abschluss der Berufsunfähigkeitsversicherung im Januar 2001 hatte der Versicherungsnehmer die Frage im Antragsformular, ob er in den letzten zehn Jahren an Krankheiten, gesundheitlichen Störungen oder Beschwerden gelitten habe oder leide, verneint. Auf die Frage nach Arztbesuchen gab er lediglich einen Arztbesuch wegen Angina an. Weiter führte er aus, dass er in den letzten 12 Monaten vor Unterzeichnung des Vertrages über vier Tage ein Antibiotikum eingenommen habe. Als der Versicherungsnehmer dann 2011 Leistungen aus seiner Berufsunfähigkeitsversicherung wegen “Rückenproblemen (Bandscheibe)” beantragte, ergaben Nachforschungen des Versicherers, dass der Versicherungsnehmer Vorerkrankungen verschwiegen hatte. Er war mehrfach vom Arzt arbeitsunfähig geschrieben worden, unter anderem vier Tage wegen Schulterbeschwerden und eines Überlastungssyndroms, drei Tage wegen Konjunktivitis, 13 Tage wegen einer Hämorrhoidalthrombose, acht Tage wegen Lumbago, 34 Tage wegen einer Analthrombose und 26 Tage wegen einer Perianalvenenthrombose, eines Perianalekzems und Hämorrhoiden. Der Versicherer machte sein Recht auf Anfechtung wegen arglistiger Täuschung gemäß § 22 VVG geltend, welches sich wiederum nach den allgemeinen Vorschriften des BGB richtet. In § 123 Abs. 1 BGB heißt es: “Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.” Im Sine des § 123 BGB liegt eine Täuschung vor, wenn einem Versicherungsnehmer bewusst ist, dass die Nichterwähnung von Vorerkrankungen bzw. medizinischen Behandlungen die Entschließung des Versicherers über die Annahme des Vertragsangebots beeinflusst (vgl. hierzu auch OLG Karlsruhe, Urt. v. 7.4.2005 – 12 U 391/04; BGH, Urt. v. 11. Mai 2001 – V ZR 14/00). Mit seinem Urteil vom 5.2.2013 wies das Oberlandesgericht Karlsruhe die Berufung des Versicherungsnehmers zurück und bestätigte die bereits vom Landgericht Mosbach festgestellte arglistige Täuschung. Das Oberlandesgericht konnte noch nachvollziehen, dass der Versicherungsnehmer eine sieben Jahre zurückliegende Bindehautentzündung als unerheblich eingeschätzt und deshalb nicht angegeben hatte. Als arglistige Täuschung hingegen erachtete das Oberlandesgericht den Tatbestand, dass der Versicherungsnehmer Schulter- und Rückenbeschwerden und vor allem Thromboseerkrankungen, die mit längerer Arbeitsunfähigkeit verbunden waren, verschwiegen hat. Benötigen Sie Unterstützung bei Ihrem BU-Antrag? Kontaktieren Sie uns! Kostenlose Ersteinschätzung Ihres Falles!

LG Fulda verurteilt SIGNAL IDUNA Vereinigte Lebensversicherung zur Zahlung von BU-Rente

Nach beinahe dreieinhalb jähriger Verfahrensdauer konnten BBP Rechtsanwälte & Fachanwälte für ihren Mandanten ein positives Urteil erstreiten: Die IDUNA Vereinigte Lebensversicherung wurde in dem am 21.03.2019 verkündeten Urteil des LG Fulda verurteilt, an den von BBP vertretenen Kläger bis Mitte 2015 rückwirkend BU-Rentenzahlungen zu leisten und vom Kläger bezahlte Versicherungsbeiträge zu erstatten, sowie an den Kläger unter Befreiung von der Beitragspflicht künftig monatliche Rentenzahlungen aus der von ihm unterhaltenen Berufsunfähigkeitsversicherung zu leisten.

Berufsunfähigkeitsversicherung – Was tun bei Anfechtung, Rücktritt oder Kündigung?

Nicht wenige Versicherte erwartet nach Stellung eines Antrages auf Leistungen aus ihrer Berufsunfähigkeitsversicherung eine böse Überraschung: Der Versicherer behauptet plötzlich, der Versicherte hätte bei dem oft schon lange zurückliegenden Abschluss des Versicherungsvertrages Arztbesuche, Erkrankungen oder Behandlungen verschwiegen und man müsse den geschlossenen Vertrag anfechten, von diesem zurücktreten oder ihn kündigen.

BGH: Arglistanfechtung nur für 10 Jahre möglich

BU-Versicherung: Versicherer kann nach Ablauf von 10 Jahren BU-Vertrag nicht mehr wegen Arglistiger Täuschung anfechten.​ BGH: Arglistanfechtung nur für 10 Jahre möglich BGH Urteil v. 25.11.2014 – IV ZR 277/14 Tenor Auf die Rechtsmittel der Klägerin wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 23. Juni 2014 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage wegen eines Teilbetrages in Höhe von 6.040,20 € nebst hierauf entfallender Zinsen und vorgerichtlicher Nebenkosten abgewiesen worden ist, und das Urteil der 22. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart teilweise geändert. Unter Abweisung der Klage im Übrigen wird die Beklagte verurteilt, über die der Klägerin im vorgenannten Urteil des Oberlandesgerichts zuerkannten Beträge hinaus an die Klägerin weitere 6.040,20 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 4.800 € seit dem 18. Juli 2012 und aus je 95,40 € seit dem 1. August 2012, 1. September 2012, 1. Oktober 2012, 1. November 2012, 1. Dezember 2012, 1. Januar 2013, 1. Februar 2013, 1. März 2013, 1. April 2013, 1. Mai 2013, 1. Juni 2013, 1. Juli 2013 und 1. August 2013 zu zahlen, Tatbestand Die Parteien streiten soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse um die Rückerstattung von Versicherungsprämien für eine Lebensversicherung. Die Klägerin ist Alleinerbin ihres am 13. August 2013 verstorbenen Ehemannes, zu dessen Gunsten seine letzte Arbeitgeberin bei der Beklagten eine Gruppen-Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (Vertrag Nr. … ) unterhielt, die bei Berufsunfähigkeit des Versicherten eine Beitragsbefreiung in der Hauptversicherung vorsah. Der schon seit 1994 zugunsten des Ehemannes bei der Beklagten von zwei früheren Arbeitgebern unterhaltene Lebensversicherungsvertrag wurde zum 1. März 2002 aus Anlass des neuerlichen Arbeitgeberwechsels in die Gruppenversicherung der neuen Arbeitgeberin über-führt und dabei um die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung erweitert. Dazu führte die Beklagte eine Risikoprüfung durch, in deren Rahmen der Ehemann der Klägerin die ihm im Februar 2002 schriftlich gestellten Fragen der Beklagten nach gesundheitlichen Störungen sämtlich verneinte, obwohl er zu dieser Zeit bereits an Morbus Parkinson erkrankt war. Am 5. April 2002 stellte die Beklagte den Versicherungsschein aus. Ab August 2008 war der Ehemann der Klägerin infolge eines Gehirntumors, nachfolgender Rezidivbildungen und seiner fortschreitenden Parkinson-Erkrankung bis zu seinem Tode berufsunfähig. Im Januar 2012 machte er bei der Beklagten erstmals Leistungsansprüche aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung geltend, wobei er angab, seit 1990 an Morbus Parkinson und seit Juli 2008 an dem Gehirntumor erkrankt zu sein. Mit Schreiben vom 18. Juli 2012 focht die Beklagte ihre Vertragserklärung zum Abschluss der Berufsunfähigkeitsversicherung wegen arglistiger Täuschung an und lehnte eine Beitragsfreistellung des Versicherten in der Lebensversicherung ab. Die Klägerin, deren Klage auf Beitragsrückerstattung aus einem weiteren Lebensversicherungsvertrag mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung vor dem Berufungsgericht erfolgreich gewesen ist, fordert soweit in der Revisionsinstanz noch von Interesse – die Rückerstattung der in der Zeit von August 2008 bis August 2013 für die Lebensversicherung entrichteten Prämien in Höhe von insgesamt 6.040,20 €, ferner darauf entfallende Zinsen und vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten. Sie bestreitet, dass ihr Ehemann die Beklagte arglistig getäuscht habe und hält deren Anfechtungserklärung für verspätet. Die Vorinstanzen haben die diesbezügliche Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Entscheidungsgründe Das Rechtsmittel hat Erfolg. I. Das Berufungsgericht hat die Arglistanfechtung für wirksam und die Beklagte deshalb nicht zur Beitragsfreistellung verpflichtet angesehen. Der Ehemann der Klägerin habe aus Anlass der Risikoprüfung bei Übertragung des Lebensversicherungsvertrages und dessen Erweiterung um die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung seine Anzeigenobliegenheit aus § 16 Abs. 1 Satz 1, 3 VVG a.F. arglistig verletzt, indem er die Parkinson-Erkrankung vorsätzlich verschwiegen habe. Ihm sei dabei bewusst gewesen, jedenfalls die Entschließung der Beklagten zur für ihn vorteilhaften Vertragsübernahme zu beeinflussen, weshalb es unerheblich sei, ob er, was die Klägerin bestreitet, auch Kenntnis vom Abschluss der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung gehabt habe. Zwar sei die Zehnjahresfrist des § 124 Abs. 3 BGB nicht eingehalten, nachdem die angefochtene Vertragserklärung am 5. April 2002 abgegeben und die Arglistanfechtung erst am 18. Juli 2012 erklärt worden sei. Das hindere die Wirksamkeit der Anfechtungserklärung aber nicht, weil § 21 Abs. 3 VVG eine vom allgemeinen Recht abweichende, speziellere Regelung enthalte. Der Gesetzgeber habe sich dort nicht auf die in § 21 Abs. 3 Satz 1 VVG geregelte Fünfjahresfrist beschränkt, wenn der Versicherungsfall bereits vor deren Ablauf eintrete. Abs. 3 Satz 2 der Vorschrift erweitere die fünfjährige Frist auf zehn Jahre, wenn das Rücktritts- oder Kündigungsrecht des Versicherers auf vorsätzlichem oder wie hier – arglistigem Verhalten des Versicherungsnehmers gründe. Dabei erfordere der Schutzzweck des § 21 Abs. 3 Satz 1 VVG, dass auch die Zehnjahresfrist aus Satz 2 der Regelung nur dann Ausschlusswirkung entfalte, wenn nicht der Versicherungsfall vor Fristablauf eingetreten sei. Um Wertungswidersprüche zu vermeiden, müsse diese Einschränkung der zehnjährigen Ausschlussfrist des § 21 Abs. 3 Satz 2 VVG erst recht für die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung gelten. Ermögliche das Gesetz die Ausübung des Rücktrittsrechts nach mehr als zehn Jahren, so müsse dies auch für die auf Arglist gestützte Anfechtungserklärung gelten. Dieser Rechtsgedanke aus § 21 Abs. 3 VVG n.F. sei hier heranzuziehen, obwohl die Vertragsänderung aus dem Jahre 2002 noch nach altem Versicherungsvertragsgesetz zu beurteilen sei. II. Das hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Klägerin hat aus § 812 Abs. 1 Satz 1, Alternative 1 BGB einen Anspruch auf Rückerstattung der in den Monaten August 2008 bis August 2013 für den Hauptvertrag (Lebensversicherung) entrichteten Prämien. Deren Zahlung ist ohne Rechtsgrund erfolgt, weil die Beklagte infolge der Berufsunfähigkeit des Versicherten im genannten Zeitraum die Beitragsfreistellung des Hauptvertrages aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung schuldete. Dieser Zusatzvertrag ist anders als das Berufungsgericht meint nicht nichtig, weil die Anfechtungserklärung der Beklagten verspätet erfolgt und damit unwirksam ist. Das Berufungsgericht hat zutreffend dargelegt, dass die in § 124 Abs. 3 BGB geregelte zehnjährige Ausschlussfrist für die Erklärung der Arglistanfechtung hier abgelaufen war, weil die angefochtene Willenserklärung der Beklagten im April 2002 abgegeben und die Anfechtung erst am 18. Juli 2012 erklärt wurde. Anders als das Berufungsgericht meint, gibt es keine Gründe, die der Geltung der Frist und damit der Ausschlusswirkung des Fristversäumnisses entgegenstehen. Die in § 21 Abs. 3 VVG n.F. getroffene Fristenregelung für die Wahrnehmung der Rechte des Versicherers aus § 19 Abs. 2 bis 4 VVG n.F. ist auf die Wirksamkeit der

OLG Braunschweig: Versicherte nicht zur Anzeige depressiver Episoden verpflichtet

Die fünfjährige Ausschlussfrist des § 21 Abs. 3 Satz 1 VVG entfällt nur beim objektiven Eintritt des Versicherungsfalls

Die fünfjährige Ausschlussfrist für die Geltendmachung der Rechte des Versicherers wegen einer Anzeigepflichtverletzung des Versicherungsnehmers nach § 21 Abs. 3 Satz 1 VVG entfällt nur dann, wenn während des Fristlaufs die versicherungsmäßigen Bedingungen für die Leistungspflicht des Versicherers eintreten. Allein die Geltendmachung eines Leistungsanspruchs durch den Versicherungsnehmer für einen in diese Zeit fallenden vermeintlichen Versicherungsfall genügt hierfür nicht.

OLG Karlsruhe: Nachweis der Arglist anhand der verschwiegenen Tatsachen möglich

OLG Karlsruhe Urteil v. 07.04.2005 – 12 U 391/04 Berufsunfähigkeitsversicherung: Nachweis der arglistigen Täuschung bei Abschluss des Versicherungsvertrages durch Versicherten auch anhand der Auswahl der gemachten Angaben im Antragsformular möglich Tenor 1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichtes Mannheim vom 28.09.2004 – 1 O 83/04 – wird zurückgewiesen. 2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. 3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 4. Die Revision wird nicht zugelassen. Gründe I. Die Klägerin macht Leistungen aus einer Rentenversicherung für den Fall der Berufsunfähigkeit geltend und begehrt weiter die Feststellung, dass der Versicherungsvertrag über eine Lebensversicherung mit der Beklagten fortbesteht und weder durch Rücktritt noch Anfechtung beendet worden ist. Die Parteien vereinbarten am 22.10.2002 eine Rentenversicherung für den Fall der Berufungsunfähigkeit (Leistung ab einem Grad der Berufsunfähigkeit von 50 %), eine Kapitallebensversicherung auf den Todesfall und eine Versicherung, die eine Beitragsbefreiung in der Lebensversicherung ab einem Grad der Berufungsunfähigkeit von 50 % vorsah. Die Klägerin hatte zunächst am 15.08.2002 per Internet einen Versicherungsantrag an die Beklagte gestellt. Einen weiteren Versicherungsantrag füllte sie am 16.09.2002 (Anlage K 3) aus. Hierin hat die Klägerin die Frage Nr. 4: „Fanden in den letzten 5 Jahren ambulante Behandlungen, Beratungen oder Untersuchungen durch Heilbehandler (Ärzte, Heilpraktiker, Psychologen) statt”, bei der Grund, Bedingung und Dauer der Behandlung sowie der Name und die Anschrift des behandelnden Arztes und die Ausheilung anzugeben waren, wie folgt beantwortet: „Verspannung im Nackenbereich, Beginn 01.07.2001, Dauer 5 Wochen, Frau Carla LR, ausgeheilt seit 01.07.2002″. Weiter hat die Klägerin der Frage 4 eine Anlage (Anlage K 5) über verschiedene Arztbesuche in den Jahren 2001 und 2002 angefügt und als Grund der Behandlung unter anderem Vorsorgeuntersuchungen angegeben. Zusätzlich hat die Klägerin am 26.09.2002 erklärt (Anlage K 7): „Es ergaben sich keine Befunde. Die Untersuchungen waren reine Vorsorgeuntersuchungen”. Nicht angegeben hat die Klägerin Untersuchungen/Behandlungen durch folgende Ärzte: Dr. Ha. (Internist), Dr. Li. (Hausarzt), Prof. Dr. Kr. (Neurologe), Frau Sch. (Hausärztin, Nachfolgerin von Dr. Li.) und Dr. He. (Orthopäde). Bei Dr. Ha. ließ die Klägerin am 26.06.2001 einen eintägigen Gesundheits-Check durchführen, bei dem eine leichte Aortenklappeninsuffizienz festgestellt wurde. Es wurde ein Endokarditis-Pass ausgestellt sowie jährliche Verlaufskontrollen empfohlen. Ob der Klägerin zur Blutverdünnung die Einnahme von ASS-100 mg/Tag verordnet worden ist, ist im Berufungsverfahren streitig. Außerdem wurden bei der Klägerin 5 Injektionsbehandlungen durchgeführt (Anlage B 7). Bei Dr. Li. wurde der Klägerin wegen eines erhöhten Cholesterinwertes von 300 mg % am 30.12.1999 Sitolande verordnet (Anlage B 9). Die Behandlung durch Prof. Dr. Kr., (09. u. 18.01.2001) erfolgte anlässlich eines Autounfalls und hierdurch hervorgerufener Angstzustände. Die Diagnose lautete psychische Belastungssituation mit phobischer Reaktionsweise. Weiter befand sich die Klägerin vom 01.10. bis 03.12.2001 bei Frau Sch. in Behandlung. Ebenso in der Zeit vom 30.08.2002 bis 03.09.2002. Am 31.07.2000 diagnostizierte Dr. He. eine Konvergenzstörung sowie ein chronisch rezidivierendes Cervicobrachialsyndrom. Die Frage im Versicherungsantrag, ob für die zu versichernde Person früher oder gleichzeitig eine Lebensversicherung gestellt wurde, beantwortete die Klägerin dahin, dass seit 01.02.1996 bei der C.-Versicherung eine solche bestehe. Den am 03.09.2002 bei der H. Lebensversicherung AG gestellten Versicherungsantrag gab sie nicht an. Am 07.10.2002 stürzte die Klägerin auf ihrer Arbeitsstätte eine Treppe hinunter und zog sich hierbei eine geschlossene Felsbeinfraktur rechts, ein Schädelhirntrauma Grad 2, eine Fallschwerhörigkeit, Kopfschmerzen und Schwindel zu. Die Klägerin ist seit dem durchgehend arbeitsunfähig krank gewesen. Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 08.03.2004 (Anlage K 11) die geltend gemachten Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung ab und erklärte den Rücktritt vom Versicherungsvertrag wegen falscher Angaben bei den Gesundheitsfragen. Mit Schreiben vom 07.06.2004 focht die Beklagte den Versicherungsvertrag darüber hinaus wegen arglistiger Täuschung an. Das Landgericht, auf dessen Urteil wegen der weiteren Feststellung Bezug genommen wird, hat die Klage insgesamt abgewiesen und ausgeführt, die Beklagte sei auf Grund falscher Angaben im Versicherungsantrag zu den Arztbesuchen berechtigt gewesen, den Versicherungsvertrag wegen arglistiger Täuschung anzufechten. Die Klägerin habe nicht nur die Arztbesuche bei Dr. Li., Prof. Dr. Kr., Frau Sch. und Dr. He., sondern auch bei Dr. Ha. bewusst nicht angegeben. Die Klägerin habe auch zum Zeitpunkt der Ausfüllung der Gesundheitsfragen den festgestellten Herzfehler nicht vergessen gehabt. Auch wenn dieser Fehler in seinen Auswirkungen noch nicht so gravierend gewesen wäre, so hätte er doch Anlass gegeben, die Klägerin mit einem Blutverdünnungsmittel zu behandeln und jährliche Kontrolluntersuchungen zu empfehlen. Für die Kenntnis- und Täuschungsabsicht der Klägerin spreche insbesondere, dass sie nur Arztbesuche angegeben habe, bei denen reine Vorsorgeuntersuchungen stattgefunden hätten und bei denen sich keine Krankheitsbefunde ergeben hätten. Sämtliche Arztbesuche, bei denen sie wegen auftretender Krankheiten behandelt worden sei, habe sie hingegen verschwiegen. Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der diese ihr erstinstanzliches Begehren weiter verfolgt und beantragt, das Urteil des Landgerichts Mannheim abzuändern und 1. festzustellen, dass die bei der Beklagten bestehende Lebensversicherung, Versicherungsnummer … weder durch Rücktritt der Beklagten vom 8.3.2004 noch durch Anfechtung vom 7.6.2004 beendet ist, sondern fortbesteht; 2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 45.539,34 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen; 3. die Beklagte zu verurteilen, für die Dauer der bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit der Klägerin ab August 2004 aus der bestehenden Lebensversicherung, Versicherungsnummer … Leistungen in Höhe von monatlich 2000,– EUR, längstens bis zum Vertragsende am 1.10.2022 zu zahlen, zahlbar monatlich im Voraus bis zum 3. Werktag eines jeden Monats; 4. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin von der Beitragszahlungspflicht für die Lebensversicherung für die Dauer der bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit ab August 2004 freizustellen. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf die vorgetragenen Inhalte der gewechselten Schriftsätze nebst aller Anlagen verwiesen. II. Die Berufung der Klägerin ist zulässig, in der Sache hat sie keinen Erfolg. A. Dem Klageantrag 1 (Feststellung auf Fortbestand der Lebensversicherung) kommt im vorliegenden Falle selbständige Bedeutung zu. Das Landgericht hat auch mit zutreffender Erwägung das Feststellungsinteresse der Klägerin bejaht. Zur Vermeidung von Wiederholungen